Glücksspiel, Atomenergie, Rüstung, Tabak und Gentechnik sind nur Auszüge aus der Liste an Ausschlusskriterien, die sich die Wiener Privatbank Schelhammer und Schattera bei nachhaltig Investieren auferlegt hat. Unternehmen, die in diesen Bereichen tätig sind, bekommen keinen Platz in den Ethik-Fonds dieser Bank. Ebenso fallen Staaten durch den Rost, in denen Menschenrechtsverletzungen, Kinderarbeit und Todesstrafe an der Tagesordnung stehen oder es an der Pressefreiheit hapert.
Die kirchennahe Bank ist einer der Pioniere im Bereich nachhaltiger Geldanlage. „Als wir vor 15 Jahren begonnen haben, Ethikkriterien für Fonds aufzuerlegen, wurden wir belächelt“, erinnert sich Georg Lemmerer, Leitung des Bereichs Nachhaltigkeit. Das Krisenjahr 2008 führte allerdings zum Umdenken bei Anlegern und viele erkannten, dass Ethik und Nachhaltigkeit doch kein Marketinggag sind. „Nachhaltig investieren in Unternehmen vermeidet Risiken“, schildert Lemmerer. So blieb man etwa von der Staatspleite Griechenlands verschont, denn aufgrund des zu hohen Rüstungsbudgets sind hellenische Staatsanleihen ein No-Go. Ebenso Tabu sind Papiere des Ölkonzerns BP. „Wenn Unternehmen ständig gegen Umweltauflagen verstoßen ist es nur eine Frage der Zeit, bis es sich auf den wirtschaftlichen Erfolg negativ auswirkt“, erklärt Lemmerer. Zwar sind auch in der Krise die Kurse der Schelhammer‘schen Ethik-Fonds eingebrochen, aber haben sie sich schneller erholt als der Durchschnitt.
TIPPS zum nachhaltigen Investieren:
Nachhaltigkeit vs. Rendite
Ob nachhaltige Fonds generell höhere oder niedrigere Renditen abwerfen als „normale“, lässt sich pauschal nicht beantworten. Fest steht aber, dass „nachhaltig Investieren nicht zu Lasten der Rendite gehen muss“, so Lemmerer. Ein Blick auf den Ethik-Fonds „Superior 3“, der zu 80 Prozent aus Anleihen und 20 Prozent in Aktien besteht, zeigt: Seit seinem Start im Jahr 1991 ist sein Kurs jährlich im Schnitt um 4,3 Prozent gestiegen. Insgesamt verwaltet Schelhammer und Schattera sechs Ethik-Fonds mit unterschiedlichen Konzepten dahinter.
Das Angebot an nachhaltigen Finanzprodukten ist mittlerweile sowohl in Österreich als auch international enorm groß. Jedoch variiert die Auslegung des Nachhaltigkeitsbegriffs zwischen Instituten mitunter stark. So gelten mache Fonds mit nur einem Öko-Titel im Portfolio auch schon als nachhaltig. Eine Orientierungshilfe bietet das Umweltministerium mit dem Österreichischen Umweltzeichen für nachhaltige Finanzprodukte. Fonds, die es tragen, machen einen Bogen um Atomkraft, Rüstung, Gentechnik und Menschenrechtsverletzung. Die Liste finden Sie unter www.umweltzeichen.at.
Kleinstkredite als Entwicklungshilfe
Um nachhaltig zu investieren bedarf es nicht zwangsläufig klassischer Banken. Eine unter vielen Varianten ist das Thema Mikrofinanz, die Vergabe von Kleinstkrediten an sozial benachteiligte Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Sie werden von lokal agierenden Mikrofinanzinstituten (MFIs) an Non-Bankable-People, Personen, die bei herkömmlichen Banken keine Kredite bekommen würden, vergeben. Die Gründe dafür können entweder die für Banken zu niedrige Volumina oder Analphabetismus der Kunden sein
„Kleine Kredite helfen Menschen finanziell auf eigenen Beinen zu stehen und drängen sie nicht in die Fänge von Kredithaien oder in die Kriminalität“, erklärt Helmut Berg, Leiter der Österreich-Niederlassung von Oikocredit. Diese 1975 in den Niederlanden gegründete Investmentgenossenschaft ist heute in 71 Ländern tätig. Sie vergibt Mikrokredite nicht selbst, sondern stellt einem Pool an lokal agierenden MFIs (weltweit 600 in 70 Ländern) Kapital zur Verfügung. Dabei arbeitet Oikocredit nur mit jenen MFIs zusammen, die ihren Kreditnehmern ausreichend Coaching für ihre unternehmerischen Vorhaben bieten. „Sie begegnen ihren Kunden auf Augenhöhe und behandeln sie als Geschäftspartner“, so Berg. Die übliche Kredithöhe liegt in Asien und Südamerika zwischen 100 und 500 Euro bei Laufzeiten zwischen sechs Monaten und einem Jahr. Solch ein Kredit reicht häufig, damit sich etwa eine Schneiderin eine neue Nähmaschine anschaffen kann und sich damit eine langfristige Einkommensquelle sichert.
Nachhaltig Investieren: Mitmachen bei Mikrofinanz
Als Privatperson kann man bei Oikocredit ab 200 Euro in Form von Genossenschaftsanteils-Zertifikaten ohne Bindungsfrist nachhaltig investieren. Jährlich erhält man dafür – abhängig vom Geschäftserfolg – bis zu zwei Prozent Dividende, was in den in den vergangenen Jahren auch realisiert wurde. Es fallen keine Kauf- und Verkaufsspesen sowie keine Depotgebühr an. Jedoch bittet das Unternehmen um einen freiwilligen Mitgliedsbeitrag von 20 Euro, um die Manipulationskosten abzudecken. Nachhaltig investieren hierzulande aktuell rund 5.200 Personen mit durchschnittlich jeweils 18.000 Euro. In Summe macht das ein Anlagekapital von 93 Millionen, zählt man alle Niederlassungen von Oikocredit zusammen, kommt man auf knapp eine Milliarde. Rund die Hälfte des Anlagevolumens von Oikocredit wandert nach Lateinamerika, ein Viertel nach Asien, ein Teil nach Afrika und nach Mittel- sowie Osteuropa. Länder mit den höchsten Finanzierungssummen: Indien (rund 95 Millionen), Kambodscha (65 Millionen,) und Bolivien (60 Millionen).
Und wie steht es um das Risiko? „Die Ausfallrate der Kredite liegt bei rund einem Prozent. Unser Vorteil ist die enorme Streuung des Anlagekapitals“, sagt Berg. Das Kapital der Anleger unterliegt aber wie bei anderen Finanzprodukten keiner Einlagensicherung und rein theoretisch ist ein Totalausfall möglich. Bisher hat jedoch noch kein Anleger bei Oikocredit Geld verloren.
Nachhaltig Investieren: Anteile am Kraftwerk
Bürgerkraftwerke, meist Solarkraftwerke, sind innerhalb der letzten Jahre stark in Mode gekommen. Dabei kaufen Investoren einzelne Solarpaneele des Kraftwerks und vermieten sie dem Betreiber. Dieser produziert Strom und zahlt dem Paneelbesitzer jährliche Dividenden. Sale-And-Lease-Back heißt das Prinzip und wurde von Wien Energie mit 24 Kraftwerken, davon 22 Solar- und zwei Windkraftanlagen, im Großraum Wien rasant vorangetrieben. Bisher sind rund 6.000 Anleger mit insgesamt 27 Millionen Euro dabei. „Das Marktpotenzial für PV-Investments ist noch sehr hoch, allerdings ist die Verzinsung stark von den staatlichen Förderungen für Ökostrom abhängig“, sagt Günter Grabner, Geschäftsführer der Kärntner Unser Kraftwerk Naturstrom GmbH, Betreiber von 20 Solarkraftwerken in Österreich. Derzeit liegt die Förderung (vulgo Einspeistarif) bei 8,24 Cent pro Kilowattstunden, 2012 war sie mit 19 Cent mehr als doppelt so hoch. Die Renditen bei solchen Investments könnten also langfristig sinken. In der Regel gewähren die Kraftwerksbetreiber fixe Zinssätze mit unbefristeten Laufzeiten.
„Unser Kraftwerk“ garantiert drei Prozent fix und die Türen für Anleger stehen derzeit offen, denn Günter Grabner baut ein 12.000 Paneele umfassendes Bürgerkraftwerk auf dem Dach eines Businessparks im steirischen Wernersdorf. Als Investoren sind nur Privatpersonen zugelassen, die zwischen einem und 48 Paneelen zum Stückpreis von 500 Euro kaufen können – maximal also 24.000 Euro. „Im Schnitt hält einer 20 Paneele“, berichtet Grabner. Bindungsfrist gibt es keine, allerdings fallen beim Verkauf der Paneele innerhalb der ersten fünf Jahre 50 Euro an Spesen an.
Anders funktioniert die Beteiligung am Windkraft Simonsfeld AG, dem Betreiber von zehn Windparks in Österreich und einem in Bulgarien. Anleger können dort über nicht börsennotierte Aktien, die nur direkt zwischen Aktionären handelbar sind, mitmachen.
Achtung: Beteiligungen an Bürgerkraftwerken unterliegen nicht der Kapitalertragsteuer und Renditen müssen ab einem Freibetrag von 730 Euro pro Jahr separat versteuert werden.
Nachhaltig Investieren: Alternative Crowdinvesting
Dass Crowdinvesting derzeit den klassischen Kapitalmarkt kräftig umkrempelt, wusste schon 2013 Wolfgang Deutschmann und gründetet mit seinem Partner Peter Gaber die Crowdinvesting-Plattform Green Rocket. Sie fokussiert ausschließlich auf nachhaltige Geschäftsideen. Jüngstes Beispiel ist eine Biofruchtsaft Limonade, die sich vor Kurzem 150.000 Euro aus der Crowd holte. „Im Gegensatz zu anderen Plattformen selektieren wir nach strengen Regeln“, sagt Deutschmann. Businesspläne müssen nicht nur nachhaltig, sondern ausgegoren sein. „Nur mit einer Idee zu uns zu kommen ist zu früh“, so der Gründer. Ergebnis dieser harten Politik: Von über 30 Projekten wurden lediglich zwei nicht von der Crowd erfolgreich finanziert.
Renditen für Investoren setzen sich aus zwei Komponenten zusammen: Erstens aus einem Anteil am jährlichen Unternehmensgewinn. Zweitens aus der Unternehmenswertsteigerung. Diese wird jedoch erst am Ende der Laufzeit fällig, in der Regel nach acht bis zehn Jahren. Wer davor aussteigt, kann dies zwar tun, aber fällt um diesen meist größten Anteil an der Gesamtrendite um. Im Falle eines Verkaufs des Unternehmens (Exit), ist man aliquot am Verkaufswert beteiligt. Manche Unternehmen bieten ihren Investoren als Zuckerl noch einen jährlichen Fixzins zwischen einem und drei Prozent.
Lediglich in ein Unternehmen zu investieren ist zu riskant, denn der Totalausfall seiner Einlage ist gut möglich. „Daher ist eine Streuung auf rund zehn ideal. Dann sind Renditen von zehn bis 15 Prozent möglich“, meint Deutschmann. Im Schnitt sind Investoren in zwei bis drei Projekten mit je 1.000 Euro beteiligt
Nachhaltig Investieren – Marktentwicklung
In Österreich, Deutschland und der Schweiz hat sich das Volumen nachhaltiger Geldanlagen innerhalb der vergangenen fünf Jahre von 52 auf 257 Milliarden verfünffacht. Das zeigt der Marktbericht des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG). In Österreich sind nachhaltige Investments 2015 gegenüber dem Vorjahr um 14 Prozent auf zehn Milliarden Euro gewachsen. Rund ein Viertel entfällt auf Privatpersonen, der Rest auf institutionelle Investoren, etwa Pensions- und Vorsorgeeinrichtungen.
„Es ist ein positives Signal, dass nachhaltige Investments hierzulande innerhalb des Gesamtmarktes überdurchschnittlich zugelegt haben“, sagt Wolfgang Pinner, Leiter des FNG Österreich. „Dies belegt klar, dass es sich dabei um mehr als einen Trend handelt.“