Das ZEIT-Magazin brachte erst kürzlich ein Sonderheft für Männer heraus, also genauer für den „Mann von heute“. Zu sehen gab es aber keine nackten Frauen, sondern viel mehr 33 kleine Liebesbriefchen, so nenne ich es einmal, also positive Nachrichten an die Herrenwelt. Zum Beispiel war darin zu lesen, dass ein Bäuchlein beim Mann attraktiv ist, ja sogar Frauen richtiggehend anlockt. Äh ja. Ich rede mir auch schon seit vielen Jahren ein, dass mein Radiohintern beziehungsweise die Barbara-Schöneberger-Hüfte nicht gar ein Nachteil, sondern die eigentliche Geheimwaffe bei den Herren ist. Ganz klar.
Interessant aber war viel mehr eine andere Sache, nämlich der Abgesang auf „die letzten Männer”. Das, so konnte man lesen, sind all jene, die um 1960 herum geboren wurden. Eine Generation, die zum einen noch die Strenge ihrer von den Kriegswirren gestählten Väter erfuhr, zum anderen aber doch auch schon durch Wohlstand und Emanzipation verweichlichte. Dieser Meinung waren zumindest ihre Erzeuger und deren Generationsgenossen, während die gleichaltrigen Frauen sie noch nicht weich genug fanden.
„Der ‚letzte Mann‘ dagegen kann spielend den ‚raubeinigen Marlboro Man‘ und ‚gefühlvollen Partner‘ in sich konfliktfrei vereinen und ist somit haargenau die ausgewogene Mischung, für die Frauen sofort eine Eizelle rausrücken würden.“ Mira Kolenc über Männer.
Dieses chauvinistische Fundament macht sie aber nun heute, welch Laune der Geschichte, zur letzten Garde der kernigen Männlichkeit. Die mag sich wegen der vorherrschenden Rollenverunsicherung bei den jungen Männer ja so gar nicht einstellen, darüber können auch all die nun modern gewordenen Vollbärte nicht hinwegtäuschen. Der „letzte Mann” dagegen kann spielend den „raubeinigen Marlboro Man“ und „gefühlvollen Partner“ in sich konfliktfrei vereinen und ist somit haargenau die ausgewogene Mischung, für die Frauen sofort eine Eizelle rausrücken würden.
„Ich meine, wenn Sie wüssten, es gebe noch ein paar Dinosaurier, würden Sie die ja auch noch kurz vor ihrem endgültigen Untergang sehen wollen.“ Mira Komenc über Männer.
Klar, dass ich mir nach diesen Ausführungen das Naturschauspiel unbedingt einmal live ansehen musste, schon allein aus einer gewissen Verpflichtung den imaginären Enkelkindern gegenüber. Ich meine, wenn Sie wüssten, es gebe noch ein paar Dinosaurier, würden Sie die ja auch noch kurz vor ihrem endgültigen Untergang sehen wollen.
Auf jeden Fall bemerkenswert ist bei dieser „letzte Männer“-Generation, bei der sich das Wort „Schätzchen“ noch einer besonderen Beliebtheit erfreut, dass sie das mit einer Selbstverständlichkeit erledigen, was meine Großmutter von Männer erwartete: Damen die Türe aufhalten, in den Mantel helfen, zum Essen einladen, zum Tanz auffordern. Und zwar ganz ohne ironischen Beigeschmack. Ich glaube, sie halten es tatsächlich für üblich. Höre ich Sie da etwa lachen? Das sollten Sie nicht. Als junge Frau von heute erachte ich das, trotz altmodischer Gestaltung der Außenfassade, nicht für ein natürliches Verhalten. Der Umgang mit Altersgenossen ist in der Regel kollegial. Worüber sich der „letzte Mann” auch gerne einmal beschwert, also über diesen Unwillen der Frau, die nicht mehr darauf wartet, dass ihr Türen geöffnet werden.
Am Ende des Tages kommt mir der „letzte Mann” dann aber doch bereits eher wie ein Fossil aus vergangenen Tagen vor. Und ich weiß auch gar nicht, ob wir seinen Untergang wirklich betrauern müssen. Die Dinosaurier fehlen uns ja auch nicht, und ob die gerade geborenen Mädchen tatsächlich später von der Vereinigung zwischen Gentleman und Muskelprotz träumen, steht auf einem ganz anderen Blatt. Vielleicht werden sie ja die Generation sein, die endlich den in seiner Unentschlossenheit gefangenen Männer-Typus lieben wird und chauvinistische Männer nur mehr als Panini-Sammelbildchen kennt. Türen öffnen sich ja bereits heute häufig schon automatisch. Sehr praktisch, nicht?