„Verfassungswidrig“ – Das sagt niemand geringerer als Armin Wolf, stellvertretender Chefredakteur der TV-Information, über die Besetzung des ORF-Stiftungsrates: „Bis Mai muss der Stiftungsrat neu bestellt werden. Wie schon 2002, 2006, 2010, 2014 und 2018 wird das nach einem Gesetz passieren, dass offenkundig verfassungswidrig ist. Im nächsten Stiftungsrat wird die Mehrheit der Regierung noch größer sein als bisher. Dass dadurch die Menschenrechtskonvention und die Verfassung verletzt werden, wird weiterhin niemanden interessieren.“
Fakt ist: Die heimische Regierung mit ÖVP und Grünen verfügt längst über keine Mehrheit unter den Wählern mehr. Nach aktueller Sonntagsfrage könnten gemeinsam nur 37 Prozent der Stimmen erreicht werden. Wird im Mai der neue Stiftungsrat neu bestellt, verfügt die bestehende Regierung jedoch über vier lange Jahre eine bestimmende Mehrheit über unsere Informationen, selbst wenn sie nach Neuwahlen als Verlierer den Hut nehmen muss.
Fakt ist auch: Im Zuge der Corona-Pandemie hat sich der ORF, insbesondere im wesentlichen ZIB1-Format, als äußert unkritisch erweisen. Als ob es keinerlei Unklarheiten gegeben hätte oder nach wie vor gibt. Es darf behauptet werden: In Sachen Corona hat sich der ORF als Sprachrohr der Regierung erwiesen. Objektivität und Berufsethos sieht jedenfalls für mich anders aus. Ist es tatsächlich naiv ein wenig mehr zu erwarten, ganz besonders bei solch einem brisantem Thema? Ist es naiv zu erwarten, dass der ORF der objektiven Aufklärung der heimischen Bevölkerung dient?
Kein Wunder also, dass auch die Opposition reagiert und die Parteipropagandakanäle boomen: Über Kontrast.at verbreitet – was wenige wissen – der SPÖ-Parlamentsklub bereits seit einigen Jahren seine politische Meinung, insbesondere via Facebook. Und nun hat auch endlich das Momentum-Institut seine Großspender offengelegt. Ganz vorne dabei: Arbeiterkammer und ÖGB, also ebenfalls der SPÖ nahestehend. Aber keine Sorge, die anderen Parteien stehen dem um wenig nach, haben längst ebenfalls ihre „Medien“ etabliert. Aber: Wie viele Millionen Euro an ursprünglichem Steuergeld sind wohl bereits in die Propaganda-Maschinerie geflossen?
Ebenfalls Fakt und gerichtlich bestätigt: Die ÖVP hat die Wähler*Innen bei den Wahlen 2013, 2017 sowie 2019 getäuscht und die Wahlkampfkosten-Obergrenze um Millionen überschritten. Das hat seinen Grund: Kein Produkt ist so mies, dass es sich nicht mit einigen Marketing-Millionen verkaufen ließe. Das hat wohl auch die ÖVP kapiert. Und noch besser: die Regierungslinie kostenfrei via ORF.
Wenn wir von Politpropaganda, Desinformation und Staatsfernsehen sprechen, meinen wir aktuell besonders Putin und Russland. Aber he, unsere Parteien können das offenbar genauso gut. Blöd nur, dass wir für ORF und Parteipropaganda auch noch zahlen sollen.
Foto/Video: Option.