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Kritik am grünen Knopf: Was macht die Weiterentwicklung?

Kritik am grünen Knopf Was macht die Weiterentwicklung

Beim Grünen Knopf handelt es sich um ein staatliches Gütesiegel, das vom deutschen Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Anfang September 2019 freigegeben wurde. Es zielt auf die Zertifizierung von Unternehmen ab, die im Bereich der Textilherstellung über 40 verschiedene Umwelt- und Sozialstandards einhalten und damit ihre unternehmerische Sorgfaltspflicht in den dazugehörigen Belangen einhalten. Das Problem daran: Zum Zeitpunkt der Markteinführung erschien das Siegel wie ein gutwilliger, aber nicht in allen Hinsichten weit genug reichender Versuch.

Was für eine Kritik wurde am grünen Knopf laut?

Wer auf der Suche nach einem Hemd Herren ist, kann sich an diversen Siegeln wie der GOTS-, dem VN-Best oder dem Made-in-Green-Siegel orientieren. Dadurch blieb in der bereits von option.news thematisierten Kritik von unterschiedlichen Seiten – unter anderem von der „Kampagne für saubere Kleidung“ und „Terre des Hommes“ – die Frage offen, ob ein weiteres Siegel überhaupt sinnvoll sei und ob der grüne Knopf überhaupt eine zusätzliche Bereicherung des bereits bestehenden Systems darstelle.

Diese Überlegung wurde unter anderem dadurch laut, dass eine Zertifizierung mit dem Grünen Knopf 2019 zwar das Einhalten von gesetzlichen Mindestlöhnen vorschrieb – nicht aber, dass diese auch gleichzeitig existenzsichernd gewesen sein müssten.

Zudem kritisierten mehrere NGO, dass viele Unternehmen den Beschäftigten keine bis kaum Beschwerdemöglichkeiten einräumen würden und dies auch nicht sofort tun müssten. Gleiches habe für konkrete, auf die individuellen Hersteller bezogenen Informationen bezüglich der menschenrechtlichen Risiken in der gesamten Lieferkette – unter anderem im Hinblick auf die geschlechtsspezifische Gewalt vor allem gegen Frauen oder fehlende Vereinigungsfreiheit – gegolten.

Auch hätten in der EU produzierende Unternehmen 2019 nicht nachweisen müssen, dass sie sich an soziale und ökologische Mindeststandards gehalten hätten. Ein insofern problematischer Umstand, dass in manchen südosteuropäischen Staaten in der Textilindustrie Zustände herrsch(t)en, die sich durchaus mit denen in südostasiatischen Gebieten vergleichen ließen.

Und – nicht zuletzt ein ganz massiver Kritikpunkt: In der Startversion des Grünen Knopfs von 2019 waren lediglich Kontrollen der Produktionsschritte ‚nähen und schneiden‘ sowie ‚färben und bleichen‘ vorgesehen …

Wie wurde auf Seiten des BMZ darauf reagiert?

Das BMZ hat inzwischen insofern auf diese Kritikpunkte reagiert als es den Grünen Knopf einer Überarbeitung unterzogen hat. Die vollzog sich innerhalb der letzten Jahre und basierte auf den Ausarbeitungen eines unabhängigen Expertenbeirats und den Vorschlägen von wirtschaftlichen, zivilgesellschaftlichen und anderen standardsetzen Akteuren. Inzwischen ist dieser Prozess abgeschlossen und jetzt umfasst der Grüne Knopf 2.0 diverse Änderungen, die in einer 69-seitigen PDF aus dem Juni 2022 auf der Homepage des Grünen Knopfs eingesehen werden können. Das bedeutet unter anderem, dass Zertifizierungen nur noch dann vorgenommen werden, wenn die gesamte Lieferkette einer Risikoanalyse unterzogen werde. Das umfasse eine Ausdehnung der Kontrollen auf weitere Arbeitsschritte. Es werde nun also unter anderem geprüft, ob

  • es sich bei den Materialien der herzustellenden Produkte um Fasern und andere Materialien aus nachhaltiger Landwirtschaft und artgerechter Haltung handele und
  • ob die gezahlten Löhne nicht nur den Mindestlöhnen, sondern auch einer existenzsichernden Bezahlung entsprächen.

Der Leiter der Geschäftsstelle Grüner Knopf, Ulrich Plein, sieht das Projekt Grüner Knopf und dessen Überarbeitung als grundsätzlichen Erfolg -besonders nach der Überarbeitung im Rahmen des Projekts Grüner Knopf 2.0. Was seiner Ansicht unter anderem daran liege, dass die ersten Unternehmensprüfungen nach dem neuen System schon ab August 2022 vorgenommen und bis Juli 2023 alle Unternehmen nach diesem Prinzip bewertet werden würden.

Was ist davon zu halten?

Was im ersten Moment nach zusätzlicher Pionierarbeit klingt, ist nicht unwesentlich die Folge von gesetzlichen Bestimmungen. Denen ist natürlich auch der Grüne Knopf verpflichtet. Dabei ist speziell das am 25. Juni 2021 vom deutschen Bundestag verabschiedete Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (was viele Kritiker ebenfalls als nicht weitreichend genug bezeichnen) zu nennen. Es zielt darauf ab, den Menschenrechtsschutz in weltweiten Lieferketten auszubauen und verbindlicher zu machen. Davon sind nach dem Gesetz ab 2023 sämtliche Unternehmen mit über 3.000 Beschäftigten und ab 2024 auch alle mit mehr als 1.000 Beschäftigten betroffen. Seine Wirksamkeit muss sich jedoch noch in der täglichen Praxis beweisen. Sollten sich weiterhin Lücken auftun, ist wohl eine weitere Nachbesserung erforderlich – sowohl in Bezug auf das Gesetz als auch auf den Grünen Knopf. 

Geschrieben von Tommi

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