„Sie müssen heute zehnmal so viel Obst und Gemüse essen, um die gleiche Menge an Vitaminen und Mineralstoffen wie vor 50 Jahren zu bekommen.“
US-Mediziner Al Sears
Ist Ihr Haushalt in Ordnung, alles im grünen Bereich? Nein, keine Angst, Sie müssen jetzt nicht den Staubwedel schwingen. Es geht vielmehr um Ihren Vitamin- und Mineralstoffhaushalt. Simone Koch, funktionelle Medizinerin aus Berlin, sah nach ihrem Test rot. Ein Schock für die Ärztin, denn sie ernährte sich optimal: „Den größten Teil machte Gemüse in Bio-Qualität aus, ergänzt um einen kleinen Anteil an Obst, grünen Smoothies – die eine besonders gute Aufnahme der Mikronährstoffe gewährleisten sollen, und Innereien. Im Gegenzug lag der Anteil an leeren Nahrungsmitteln, wie poliertem Reis und weißem Mehl, bei nahe Null.“ Da sollte eine gute Versorgung gewährleistet sein, dachte sie. Tatsächlich aber befanden sich fast alle wichtigen Mineralstoffe und auch die B-Vitamine im Mangelbereich. Was für Medizinerin Koch ein Schock war, das wundert Herbert Schamberger, Chef des österreichischen Nahrungsergänzungsmittel-Herstellers Evolution International, allerdings nicht: „Unsere heutigen industriell hergestellten Lebensmittel sind an Vitaminen und Mikronährstoffen verarmt. Wir verhungern an den vollen Töpfen. Daher sprechen wir auch besser von Sättigungsmitteln und nicht von Lebensmitteln.“
Die Zahlen sprechen für sich
Tatsächlich weisen schon seit längerem immer mehr Anzeichen auf einen weit verbreiteten Vitamin- und Mineralstoffmangel in der EU hin. In Großbritannien leiden laut der British Association for Parenteral and Enteral Nutrition mittlerweile 3,6 Millionen Menschen an Mangelernährung, was dem britischen Gesundheitssystem über 10,8 Mrd. Euro jährlich kostet. In Deutschland zeigte die zweite nationale Verzehrstudie: 86 Prozent der Frauen und 79 Prozent der Männer sind nicht ausreichend mit Folsäure versorgt, 91 Prozent bzw. 82 Prozent haben einen Vitamin D-Mangel, 20-50 Prozent liegen bei Vitamin B1, B2, B12, C und Vitamin E im roten Bereich. Und in Österreich sind schon die Kids Vitamin C unterversorgt. Zudem hat laut einem Bericht des Gesundheitsministeriums rund die Hälfte einen Zinkmangel. Allein stehen wir damit nicht da. Zwischen 57 und 64 Prozent der Kinder in Europa leiden an einem Vitamin D Mangel, wie der Bostoner Endokrinologe Michael Holick feststellte.
Nährstoffverlust in Obst & Gemüse
Gründe für das Dilemma gibt es genug: Unsere Lebensmittel enthalten weit weniger Nährstoffe und Vitalstoffe als noch vor 50 Jahren. Das liegt unter anderem an unreif geernteten Früchten, UV-Bestrahlung, den langen Transportwegen und Lagerzeiten. Andererseits können Böden sich nicht mehr erholen, sind ausgelaugt, verlieren ihre Nährstoffe. Düngemittel und Pestizide tun das Ihre zur Situation. Schon der Vergleich einer Studie des Pharmakonzerns Geigy aus 1986 mit einer Untersuchung des Lebensmittellabors Karlsruhe aus 2002 zeigte einen Vitamin A-Verlust bei Äpfeln von 41 Prozent und einen Vitamin C-Verlust bei Paprika von 31 Prozent. Brokkoli hatte nur noch die Hälfte an Eisen und Karfiol verlor 40 Prozent an Vitamin C, B1 und B2. Der US-Mediziner Al Sears bringt die Sache so auf den Punkt: „Sie müssen heute zehnmal so viel Obst und Gemüse essen, um die gleiche Menge an Vitaminen und Mineralstoffen wie vor 50 Jahren zu bekommen.“
„Wer heute noch glaubt, dass in Obst und Gemüse, das ja in unreifem Zustand geerntet wird und darüber hinaus mit Giften belastet ist, eine ausreichende Quelle an Vitaminen und Mineralstoffen gefunden ist – dem ist nicht zu helfen.“
Herbert Schamberger, Evolution International
Wer braucht Nahrungsergänzungsmittel?
„Jeder vom Kleinkind bis zu den Senioren“, sagt Schamberger und setzt hinzu: „Bereits ein leichter Mikronährstoffmangel kann die zelluläre Energieproduktion verringern und die Schlagkraft des Immunsystems schwächen.“ Im Übrigen beeinflussten auch Arzneistoffe den Mikronährstoffhaushalt negativ. Darunter fallen beispielsweise die Anti-Babypille, Antibiotika oder auch Cholesterinsenker. Erfahrene Therapeuten wüssten um diese Zusammenhänge und würden aufgrund der erkennbaren Probleme das richtige Nahrungsergänzungsmittel empfehlen: „Dazu gehört natürlich auch das Wissen der Regulationsvorgänge im Körper. Am Anfang steht immer eine Ausleitung – Entgiftung. Nach der Ausleitung geht es um die Wiederherstellung der Selbstheilungskräfte.“
Wer nicht ins Blaue hinein experimentieren will, der kommt an seriöser Beratung und Begleitung freilich nicht vorbei. Dieser Meinung ist auch Christine Marold von ECA Medical: „Mängel können symptomatisch festgestellt werden – Symptome sind etwa Müdigkeit, Krämpfe, Schlaflosigkeit, Unruhe – oder aber über die Ermittlung von Laborwerten“. Bei der Auswahl des Herstellers rät sie, vor allem auf die Qualität der eingesetzten Rohstoffe zu achten – „Wir empfehlen organische Verbindungen, weil Sie eine bessere Bioverfügbarkeit aufweisen“ – sowie auf eine adäquate Dosierung.
Bei letzterer scheiden sich allerdings die Geister: Viele Nahrungsergänzungsmittel in Europa sind verglichen mit den Pendants aus den USA sehr niedrig dosiert. Wie viel eines Wirkstoffes in einem Präparat stecken darf, das steht in den EU-Definitionen zu sicheren Einnahme-Obergrenzen von Nahrungsergänzungsmitteln. Die stehen aber immer wieder in der Kritik. Schon 2010 präsentierte Robert Verkerk, wissenschaftlicher Direktor des Interessensverbandes Alliance for Natural Health eine Studie, die eine unangemessenen Methodik nachweist, und so regemäßig zu niedrige Obergrenzen zustande kämen. „Damit wird aber sehr wahrscheinlich, dass Höchstmengen bei so niedrigen Dosierungen festgelegt werden, dass verschiedene positive Gesundheitseffekte verhindert werden und zahlreiche sinnvolle Produkte aus dem Angebot verschwinden müssen.“
Preiselbeere vs. Antibiotikum
Der Ansatz, Vitamine und Mineralstoffe im Mangelfall zu ergänzen, ist Florian Schanzer von der Wellness Company zu kurz gegriffen. Er sagt: „Wenn Menschen dank Supplementierung mit pflanzlichen Nährstoffkonzentraten z.B. auf Antibiotika verzichten können, dann sagt das schon sehr viel über die Sinnhaftigkeit bestimmter Nahrungsergänzungsmittel aus“. Ein Paradebeispiel hat er auch: Superfood Cranberrys. Erst kürzlich habe ihm eine praktische Ärztin das Feedback gegeben, Antibiotika in immer mehr Fällen durch hochdosierten Cranberryextrakt ersetzen zu können. Tatsächlich belegte schon eine Metastudie der Cochrane Collaboration aus dem Jahr 2008 die Wirkung bei jungen Frauen. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch das Resultat einer indischen in-vitro Studie, die die Wirkung auf antibiotika-resistente uropathogene E. Coli-Stämme untersuchte. Es zeigte sich u.a., dass das Anheften der problematischen, so genannten multi-drug-resistenten Keime um ganze 70 Prozent reduziert werden konnte. Damit bieten Cranberries schon heute bei antibiotika-resistenten Keimen eine wichtige Therapie-Option.
„Die ergänzende Mikronährstoffzufuhr hat heute einen festen Platz in der modernen Ernährungsmedizin“, davon ist auch Herbert Schamberger überzeugt. Die Wissenschaft liefere nahezu täglich neue Erkenntnisse zu den Anwendungsmöglichkeiten, denen eine immer größere Bedeutung zukomme, wenn es darum gehe, die Gesundheit der Menschen zu stabilisieren, Nebenwirkungen von Medikamenten zu reduzieren, deren Wirkung zu unterstützen oder auch präventiv gesundheitsfördernd zu wirken: „Auf lange Sicht sind diese Nährstofflücken eine Mitursache für ernst zu nehmende Gesundheitsstörungen. Der langfristige, gezielte und überlegte Einsatz von Mikronährstoffen in einem ganzheitlichen Kontext gilt in der seriösen wissenschaftlichen Gemeinde daher inzwischen als sinnvoll und gesundheitsfördernd.“
Sinnvolle Nahrungsergänzungen
Vitamin D zählt zu den fettlöslichen Vitaminen und wird auch als Hormon eingestuft. Vitamin D ist wesentlich am Stoffwechsel von Kalzium und Phosphat beteiligt und fördert deren Aufnahme im Darm. Zudem unterstützt es den Knochenaufbau und beeinflusst verschiedene Hormone sowie das Immunsystem.
Omega 3 Fettsäuren gehören zu den wichtigsten Vitalstoffen unserer Zeit. Die Forschung zeigt, dass Omega 3 dazu beitragen kann, Herzkrankheiten vorzubeugen, den Blutdruck zu normalisieren, den Cholesterinspiegel zu senken und Gelenkschmerzen, Migräne und Depression zu lindern.
Magnesium ist ein lebenswichtiges Mineral, das unter anderem für die normale Muskelfunktion notwendig ist. Über Enzyme, das sind Stoffe, die im Körper chemische Vorgänge in Gang setzen, ist Magnesium auch an der Zuckergewinnung, an der Zellatmung und am Kalziumstoffwechsel beteiligt.
Das Spurenelement Zink spielt eine wichtige Rolle für ein starkes Immunsystem und bei der Energieproduktion. Es ist auch an der Bildung der Schilddrüsen- und Sexualhormone beteiligt, fördert den Aufbau von Muskeln, fördert die Wundheilung und beugt Haarausfall vor.
Die B-Vitamine sind unverzichtbar für alle Phasen und Formen der Energie-Produktion im Stoffwechsel. Jede einzelne Zelle ist vom Vorhandensein ausreichender B-Vitamine abhängig. Gleichzeitig wirken sie positiv auf Stimmung und Konzentration und stärken die Nerven.
Bei Probiotika handelt es sich um lebende Mikroorganismen. Diesen Bakterien und Hefen werden – sofern sie in ausreichender Menge in den Darm gelangen – gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben. Beispielsweise wurde nachgewiesen, dass bestimmte probiotische Bakterien das Immunsystem in der Darmschleimhaut anregen. Andere wiederum stellen selbst Substanzen her, die in ihrer Wirkung jener von Antibiotika ähneln.
Astaxanthin ist eines der stärksten Antioxidantien der Welt. Es färbt Lachse rosa und gibt ihnen die Kraft, tagelang gegen das Tosen des Wassers stromaufwärts zu schwimmen. Astaxanthin schützt das Herz, hilft bei Gelenkschmerzen, reduziert Entzündungsprozesse, stärkt das Immunsystem, die Sehkraft, hilft bei Unfruchtbarkeit und wirkt als natürlicher Sonnenschutz von innen.
Gut ein Drittel essbarer Algen besteht aus wertvollen Ballaststoffen, ein weiteres Drittel aus Proteinen, das restliche Drittel teilen sich vor allem die wichtigen Vitamine A, B, K, Eisen und Jod. Zudem haben viele Arten einen hohen Anteil an Vitamin B12, das vor allem für eine ausgewogene vegetarische Ernährung wichtig ist.