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Neues Ranking zeigt, welche Staaten Steuermissbrauch von Konzernen ermöglichen | attac Österreich


Heute veröffentlicht das Tax Justice Network das neue Ranking der wichtigsten Steuersümpfe für Konzerne (engl. Corporate Tax Havens Index, CTHI). Es zeigt, welche Staaten Gewinnverschiebungen und Steuermissbrauch von multinationalen Konzernen am stärksten ermöglichen. (1)

Die ersten sechs Plätze des Rankings belegen OECD-Staaten oder von ihnen abhängige Gebiete. In Summe sind die OECD-Staaten für mehr als zwei Drittel der weltweiten Möglichkeiten für Steuermissbrauch von Konzernen verantwortlich. Die Top Drei sind mit den Britischen Jungferninseln, den Kaimaninseln und Bermuda Gebiete, in denen die britische Regierung volle Befugnisse hat, Gesetze zu erlassen oder zu blockieren. Auf den Rängen 4, 5 und 6 liegen die Niederlande, die Schweiz und Luxemburg.

Die wichtigsten Steuersümpfe für Konzerne:

1. Britische Jungferninseln (Britisches Überseegebiet)
2. Kaimaninseln (Britisches Überseegebiet)
3. Bermuda (Britisches Überseegebiet)
4. Niederlande
5. Schweiz
6. Luxemburg
7. Hongkong
8. Jersey (Britische Kronabhängigkeit)
9. Singapur
10. Vereinigte Arabische Emirate

Vollständiges Ranking auf der Corporate Tax Haven Index 2021 Website

OECD-Staaten gestalten das globale Steuersystem nach den Wünschen der Konzerne

Das Ranking macht deutlich, warum die OECD, welche die Regeln im globalen Steuerwesen setzt, kaum Fortschritte im Kampf gegen den Steuermissbrauch von Konzernen erreicht. “Unter dem Druck von Konzerngiganten und mächtigen Steuersümpfen wie Großbritannien oder den Niederlanden hat die OECD das globale Steuersystem so gestaltet, dass die Wünsche der reichsten Konzerne über den Bedürfnissen aller anderen stehen“, erklärt Alex Cobham vom Tax Justice Network.

So werden von den verwässerten OECD-Standards Staaten als “nicht schädlich” eingestuft (und somit legitimiert), die laut CTHI-Ranking für 98 Prozent der weltweiten Möglichkeiten für schädliche Steuerpraktiken verantwortlich sind. Auf Druck der OECD haben zudem seit 2018 mindestens 11 Länder ihre Gesetze für länderweise Finanzberichte für Konzerne (Country-by-Country-Reporting) verwässert. Da die OECD diese Daten vor der Veröffentlichung aggregiert und anonymisiert, ist es bislang nicht möglich die Gewinnverschiebungen einzelner multinationaler Konzerne zu identifizieren. (2)

Attac und Tax Justice Network fordern Gesamtkonzernsteuer

„Auch die aktuellen Pläne der OECD für eine Reform der globalen Steuerregeln beinhalten keine grundlegende Lösung gegen die Steuertricks multinationaler Konzerne. Dabei müsste gerade die Corona-Pandemie ein Anlass dafür sein, dass Konzerne endlich einen gerechten Beitrag zur Finanzierung der Krisenkosten leisten“, kritisiert David Walch von Attac Österreich. (3)

Attac und das Tax Justice Network schlagen daher eine Vereinfachung der internationalen Konzernbesteuerung vor – die sogenannte Gesamtkonzernsteuer mit einem Mindeststeuersatz von 25 Prozent. Dabei wird der globale Gesamtgewinn eines Konzerns anteilig je nach Wertschöpfung auf die Staaten aufgeteilt und dann besteuert.

Demokratischer UN-Prozess statt geheime OECD-Deals

Die weltweite Bewegung für Steuergerechtigkeit fordert zudem die OECD-Steuerregeln durch einen global inklusiven Prozess im Rahmen der Vereinten Nationen zu ersetzen.

Dereje Alemayehu, geschäftsführender Koordinator der für den Friedensnobelpreis nominierten Globalen Allianz für Steuergerechtigkeit: “In globalen Steuerfragen auf die OECD zu vertrauen ist so, als würde man einem Rudel Wölfe anvertrauen, einen Zaun um seinen Hühnerstall zu bauen.” Cobham ergänzt: “Die Regeln wo und wie globale Konzerne Steuern zahlen, müssen bei der UNO im Tageslicht der Demokratie festgelegt werden – und nicht von einem kleinen Club reicher Länder hinter verschlossenen Türen.”

Österreich rangiert auf Platz 33 des Corporate Tax Haven Index und ist für 0,69 Prozent des weltweiten Missbrauchs von Unternehmenssteuern verantwortlich.

Anmerkungen:

(1) Der Corporate Tax Haven Index, CTHI bewertet das Steuer- und Rechtssystem jedes Landes mit einem “Haven-Score” von 100, wobei eine Null keinen Spielraum und eine 100 einen uneingeschränkten Spielraum für den Steuermissbrauch von Konzernen bedeutet. Diese Punktezahl wird dann mit dem Volumen der Finanzaktivitäten multinationaler Konzerne in diesem Land kombiniert, um zu berechnen, wie viel grenzüberschreitender Steuermissbrauch durch das Land ermöglicht wird.

Der CTHI ergänzt den sogenannten Schattenfinanzindex (Financial Secrecy Index, FSI) des Tax Justice Networks. Zusammen liefern die Indizes ein vollständiges Bild des internationalen Steuermissbrauchs und -betrugs. Der CTHI dokumentiert, welche Länder es multinationalen Konzernen ermöglichen, weniger Steuern auf ihre Gewinne zu zahlen, als sie sollten. Der FSI dokumentiert, wie Länder es reichen Einzelpersonen ermöglichen, ihr Geld vor dem Rechtsstaat zu verstecken. Unterschiedliche Steuersümpfe haben sich dabei auf unterschiedliche Aspekte spezialisiert – manche jedoch auf beide: So rangieren die Kaimaninseln, die Schweiz, die Niederlande, Luxemburg, Hongkong, Singapur, die Britischen Jungferninseln und die Vereinigten Arabischen Emirate in beiden Indizes unter den Top Ten.

(2) In der EU gibt es unter den Regierungen seit 3. März 2021 eine Mehrheit dafür, Konzerne zur Veröffentlichung ihrer länderweisen Finanzberichte zu verpflichten. Dabei könnten jedoch viele Schlupflöcher bestehen bleiben. Details dazu siehe hier.

(3) Die OECD schlägt eine komplexe Zweiteilung des Systems vor: Ein Teil der Gewinne, die Unternehmen über digitale Geschäftsmodelle erwirtschaften, soll auch ohne physische Präsenz in den Staaten versteuert werden, in denen sich die Konsument*innen befinden. Die genaue Berechnung und Aufteilung dieser Gewinne ist noch unklar, könnte aber ähnliche Schlupflöcher des alten Systems aufweisen. Der restliche Gewinn sowie der Gewinn aller anderen Unternehmen soll weiterhin nach dem alten, missbrauchsanfälligen System berechnet werden.

Quelle

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