Zischend gleitet das Steak in die Pfanne, die Poren des rohen Fleisches ziehen sich zusammen, der wunderbare Duft von Gebratenem steigt auf. Herrlich, so ein saftiges Steak. Und dabei musste für diesen Gaumenschmaus kein Rind sterben, nicht einmal leiden. Unmöglich? Nun, noch ist dieses Szenario tatsächlich Zukunftsmusik. Aber schon im nächsten Jahrzehnt könnte es Wirklichkeit werden. In vitro heißt das Zauberwort, das vielen dennoch kalte Schauer den Rücken herunterrinnen lässt.
Frankenstein lässt grüßen
Fleisch aus tierischen Zellen, bei einer Biopsie entnommen und in Bioreaktoren zum Wachsen gebracht – in jeder gewünschten Form. Das Unternehmen Modern Meadow in den USA arbeitet mit Hochdruck an der Verwirklichung dieser Vision. „Tissue engineering“ heißt die Technik, mit der hauchdünne Gewebelagen in nicht allzu ferner Zukunft Organe imitieren, wiederherstellen, erhalten oder verbessern sollen. Das Unternehmen aus Missouri will mithilfe von Biotinte, in der sich verschiedene Zelltypen befinden, mit einem 3D-Drucker Schnitzel und Steaks formen. Fleisch aus dem Drucker also. (Aktualisierung: Hier findest Du einen neuen Bericht zum Thema Kunstfleisch!)
Schieben wir das erste Unbehagen beiseite, ist es aus ökologischer Sicht ein bestechend sinnvolles Projekt. Heuer schon verursacht die massenhafte Tierhaltung neun Prozent der weltweiten CO2-Emissionen und 37 Prozent des von Menschen verursachten Methaneintrags in die Atmosphäre. Weiden und Ackerflächen, die zur Futtermittelproduktion dienen, okkupieren ein Drittel der Erdoberfläche.
66 Kilogramm Fleisch verzehrt jeder Österreicher pro Jahr, 24 Kilo mehr als der Durchschnittsweltbürger. Die Vereinten Nationen prognostizieren, dass der weltweite Konsum von Fleisch, Milch und Milchprodukten sich in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts verdoppeln wird, auf dann 465 Millionen Tonnen Fleisch und 1.043 Millionen Tonnen Milch pro Jahr. Ein Horrorszenario für alle, denen unsere Welt lieb ist. Insbesondere vegetarisch und vegan konsumierende Menschen, aber eben auch Flexitarier, wollen daran etwas ändern.
Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung spielt die Qualität der Nahrung für Flexitarier eine sehr wichtige Rolle. Demnach meidet er Fleisch, das nicht aus artgerechter Haltung ist. Nach einer anderen Definition dürfen sich alle Menschen, die maximal drei Portionen Fleisch pro Woche verzehren, als Flexitarier bezeichnen.
Wer mag schon Verzicht?
Nur eine Minderheit von uns wird aber wohl für das abstrakte globale well being im Allgemeinen und das Wohl des Tieres im Besonderen auf Schweinshaxe oder Schnitzel gänzlich verzichten. „Es heißt, dass maximal 25 Prozent der Bevölkerung in ihrem Konsumverhalten ethische Aspekte mit einbezieht, egal ob bei Bio, Ökostrom oder was auch immer. Die anderen 75 Prozent schwimmen mit der Masse, kaufen das, was billiger ist oder ihre Nachbarn verwenden“, sagt Felix Hnat, Obmann der österreichischen Veganer. Die Fleischesser verachtet er dennoch nicht. „Ich habe 18 Jahre lang sehr gerne und sehr viel Fleisch gegessen. Ich finde es nicht richtig, Menschen danach zu beurteilen, was sie essen. Fünf Prozent der Österreicher versuchen ihren Fleischkonsum zu reduzieren. Das freut mich.“ Anhänger der veganen Ernährung, aber eben auch Flexitarier, finden sich hauptsächlich in den Städten. Die Vegane Gesellschaft Österreich schätzt, dass sich 80.000 Österreicher vegan ernähren, die Hälfte davon lebt in Wien.
Vegan ist das neue Bio
Veganer verzichten nicht nur auf Fleisch und Fisch wie die Vegetarier, sie essen auch keine Eier und Milchprodukte, nicht einmal Honig nehmen sie zu sich, denn ihr Leitsatz ist es, kein Tier auszubeuten. Vor einigen Jahren noch wurden Veganer wahlweise als gefährliche Extremisten betrachtet oder als verträumte Spinner belächelt. Als ungesund beurteilen Experten vegane Ernährung heute nicht mehr. Im Gegenteil. Eher schon muss unsere konventionelle Ernährung als gesundheitsschädlich gelten.
Haupttodesursache in Österreich sind ernährungsbedingte Krankheiten und diese wiederrum hängen häufig mit tierischen Fetten und Proteinen zusammen. Rotes Fleisch gilt zum Beispiel als Risikofaktor für Krebs. Gründe dafür könnten im Fleisch angereicherte Schadstoffe wie Dioxin und fleischeigene Stoffe wie der Blutfarbstoff Hämoglobin sein, der die Bildung schädlicher Stickstoffverbindungen verstärkt. Auch haben diverse Studien belegt, dass es einen Zusammenhang zwischen Bluthochdruck und Fleischkonsum gibt. Und das weit verbreitete gesundheitsschädliche Übergewicht ist selten ein Thema für Veganer. Kein Wunder also, dass sich immer mehr Menschen dem Trend zu konsequent tierfreier Ernährung anschließen. „Unsere Events wie Messen oder unsere Veganmania Sommerfeste werden förmlich überrannt“, berichtet Felix Hnat. „Ich denke, dass Vegan in 20 Jahren dort sein wird, wo heute Bio liegt. Vegan ist das neue Bio!“ Flexitarier versuchen einen Mittelweg zu finden.
„Ich denke, dass Vegan in 20 Jahren dort sein wird, wo heute Bio liegt. Vegan ist das neue Bio!“
Felix Hnat
Der Trend hin zu veganer Ernährung macht die geschätzten 40.000 Veganer in Wien zu einer interessanten Konsumentengruppe. Sie und die vielen Touristen in der Stadt haben Europas erste vegane Supermarktkette in die Hauptstadt gelockt. Im Juni 2014 eröffnete das erste Ladengeschäft der Kette „Veganz“ im vierten Bezirk. Schon jetzt wird über eine zweite Filiale gesprochen. (Aktualisierung: Veganz hat zumindest in Österreich dicht gemacht und handelt nur noch online.)
Teilzeitvegetarier Flexitarier – Genuss ohne Reue?
Trotz des inzwischen vielfältigen veganen Angebots können sich die meisten Menschen aber noch nicht vorstellen, auf Fleisch, Eier, Milch und Honig gänzlich zu verzichten. Dennoch machen sie sich Gedanken um das Wohl der Tiere und ihr eigenes. Schon vor elf Jahren kürte die American Dialect Society das Wort „flexitarian“, eine Wortschöpfung aus „fexible“ und „vegetarian“ zum hilfreichsten Wort, um ein neues Phänomen zu beschreiben: Vegetarier, die gelegentlich Fleisch essen. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung spielt die Qualität der Nahrung für Flexitarier dabei eine sehr wichtige Rolle. Demnach meidet er Fleisch, das nicht aus artgerechter Haltung ist. Nach einer anderen Definition dürfen sich alle Menschen, die maximal drei Portionen Fleisch pro Woche verzehren, als Flexitarier bezeichnen.
Flexitarier: fauler Kompromiss?
Einem strikten Dogma wollen sich Flexitarier nicht unterwerfen. Sie ernähren sich prinzipiell gesund: Soja- und Vollkornprodukte, Nüsse, Früchte und Gemüse bestimmen ihren Speiseplan, aber ab und zu darf es auch ein kräftiges Stück Fleisch sein. So tragen sie dazu bei, dass weniger Land verbraucht und Treibhausgase in die Luft geblasen werden. Kritiker werfen Flexitariern jedoch ihre Inkonsequenz vor. Mit ihrem Sowohl-als-auch-Ansatz lasse sich die Abkehr von der Tierhaltung nicht voranbringen. Doch es ist zumindest ein Anfang, denn beim Thema Fleischverzehr gilt unbedingt: Weniger ist mehr für Flexitarier.
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