in

Wie uns die Konservativen die grüne Zukunft verbauen

Helmut Melzer

Kannst du dich noch an deine Schulzeit erinnern? Bei mir sind es nun schon rund 35 Jahre her, dass ich erstmalig aufgeklärt wurde: „Öl und Gas gehen uns in einigen Jahrzehnten aus. Wir müssen in Zukunft auf Alternativen setzen“, so meine damaligen Lehrer. Und auch die Jahre danach blieben die Warnungen nicht aus, so etwa die Umweltorganisation Global 2000 (2016): „Mittlerweile gibt Österreich – pro Jahr – 12,8 Mrd. Euro für Importe für Öl, Kohle und Gas aus. Das ist viel Geld, das ins Ausland fließt und nicht in Österreich wirksam bleibt.“ Abseits von Umweltschutz bestehe also auch eine volkswirtschaftliche Dringlichkeit den fossilen Energieträgern abzuschwören.

Überraschung, passiert ist äußerst wenig. Jetzt zeigt uns der Ukraine-Krieg die europäische Energie-Abhängigkeit auf. Insbesondere für die letzten Jahre stellt sich die Frage: Was ist schiefgelaufen? Warum wurde diese volkswirtschaftliche Aspekt gänzlich negiert? Und, freilich, wessen Interessen wurde hier gedient?

Zu recht wiesen dieser Tage die Grünen die WKO zurecht, die eine Verschiebung der CO2Bepreisung fordert: „Einmal mehr outen sich die ÖVP-Wirtschaftsbundvertreter als Lobbyisten der fossilen Industrie.“ Die „ehemaligen Putin-Anbiederer“ würden sich nun hinstellen, um bereits Beschlossenes wieder aufzumachen, so Jungwirth.

„Die striktesten Leugner des Klimawandels in Politik und Ökonomie sind Vertreter des Neoliberalismus und ihre Nutznießer die Populisten“, sichtet Ökonom Stephan Schulmeister die echten Gegner der Nachhaltigkeit. Dazu muss auch die kapitalistisch-konservative ÖVP gezählt werden. Abseits davon, dass diese seit Jahren die Klimawende bremst, ruft sie nun abermals den Wasserstoff zum Kraftstoff der Zukunft aus. Echte alternative Energien werden weiter stiefmütterlich behandelt.

Wie nachhaltig Wasserstoff aktuell wirklich ist!
Wie nachhaltig Wasserstoff aktuell wirklich ist!

Johannes Wahlmüller von Global 2000 sieht das anders: „Wasserstoff ist für uns eine wichtige Zukunftstechnologie, allerdings in der Industrie und auf lange Sicht. In den nächsten zehn Jahren wird Wasserstoff keine nennenswerten Beiträge zur CO2-Reduktion liefern. Im Individualverkehr hat Wasserstoff schon deshalb nichts verloren, weil bei der Herstellung zuviel Energie verloren geht. Würden wir die Klimaziele Österreichs im Verkehr mit Wasserstoffautos erreichen wollen, würde der Stromverbrauch um 30 Prozent in die Höhe schnellen.“  

E-Mobilität: Strom oder Wasserstoff?
E-Mobilität: Strom oder Wasserstoff?

Fakt sei, dass Wasserstoff derzeit von der OMV aus Erdgas hergestellt wird. Der Verdacht liegt nahe: Um die vorhandene „fossile“ Struktur mit Tankstellen & Co aufrecht zu erhalten wird Wasserstoff vorgezogen – für die eigene politische Klientel, entgegen volkswirtschaftlicher Interessen.

Wie rückständig eine konservative Politik noch sein kann, zeigen dieser Tage auch die USA: Per Gesetz verbietet Florida seinen Schulen das Thema LGBTQ. Das Gesetz untersagt es Schülern und Lehrern im Unterricht generell über die sexuelle Orientierung sprechen zu dürfen – die Worte schwul, lesbisch, bi, trans oder queer im Unterricht zu sagen. Eine weltoffene Vorbereitung auf das Leben sieht anders aus. In eine ähnliche Kerbe schlägt Polen. Hier sind seit letztem Jahr selbst Abtreibungen ungeborener Kinder mit schweren Fehlbildungen verboten.

Auch Putin hat auf die falschen Pferde gesetzt. Während andere Öl- und Gas-Länder im Nahen Osten auf Tourismus und Energiealternativen gesetzt haben, blieb Russland bei Militär und Industrie, unterstützt durch den Gas- und Ölhandel. Jetzt zeigt sich angesicht der Klimakrise und dem sicheren Niedergang fossiler Brennstoffe: Das hat wohl wenig Zukunftsperspektive. Eine Erkenntnis, die zum Krieg geführt hat?

Ich kann mich nur wiederholen: Wir leben in der bedeutsamsten und damit auch spannendsten Epoche der Menschheit. Es wird unsere Generation sein, die die nächsten Jahrhunderte entscheidend gestaltet. Ohne uns wird es wahrscheinlich keine (lebenswerte) Zukunft geben. Und damit ist nicht nur Ökologie gemeint, vielmehr Digitalisierung, Automation, Autokratie und viele andere Hürden unserer Zeit. All dies zu einem Zeitpunkt: Jetzt! Dafür benötigen wir eine fortschrittliche Politik, die weiter als bis zum nächsten Wahltermin in die Zukunft blickt. Eine Politik, die die Interessen des Landes und seiner Bewohner vertritt, und nicht jene der Mächtigen und Reichen.

Geschrieben von Helmut Melzer

Als langjähriger Journalist habe ich mir die Frage gestellt, was denn aus journalistischer Sicht tatsächlich Sinn machen würde. Meine Antwort darauf siehst Du hier: Option. Auf idealistische Weise Alternativen aufzeigen – für positive Entwicklungen unserer Gesellschaft.
www.option.news/ueber-option-faq/

Schreibe einen Kommentar