Seit Tausenden von Jahren versucht die Menschheit, dem natürlichen Alterungsprozess einen Riegel vorzuschieben. Bereits Kleopatra soll in Eselsmilch gebadet haben, um ihre Schönheit möglichst lange zu erhalten. Und auch heute hat sich nichts geändert. Glaubt man dem schönen Schein der Werbung, so ist es ein Leichtes, mit der richtigen Creme dem Altern ein Schnippchen zu schlagen. Doch wir wissen alle: So leicht ist es natürlich nicht.
Anti-Aging-Trends
Anti-Pollution – CO2-Partikeln sind vor allem in Städten ein Thema und lassen die Haut schneller altern. Anti-Pollution-Schutz soll die Haut besser vor Kohlendioxidpartikeln bewahren.
Anti-Pollen – Ein neuer Trend aus Asien sind Hautcremes, die durch eine Anti-Pollen-Barriere das Eindringen von Pollen durch die Haut vermindern. Wird häufig gemeinsam mit einem Anti-Pollution-Schutz kombiniert.
Prä- und Probiotika – Nicht nur im Joghurt bzw. in unserer Darmflora machen nützliche Bakterien Sinn. Auch unsere Haut hat eine mikrobielle Flora, auf der sich die unterschiedlichsten Keime ansiedeln, die man gezielt durch Prä- und Probiotika in Hautpflegeprodukten stärken kann.
Stammzellen – Stammzellen sind Ursprungszellen. Sie können alle Zelltypen des Körpers bilden und sich unbegrenzt vermehren. Bei Verletzungen kümmern sie sich um die Reparatur der Haut, zudem können sie auch neue Stammzellen produzieren. Auch Pflanzen haben Stammzellen, die der Regeneration und Heilung von Verletzungen dienen. In Anti-Aging-Cremes werden pflanzliche Stammzellen verwendet, um die Haut widerstandsfähiger zu machen, Gewebe zu stärken und die Produktion neuer Hautzellen anzuregen.
Blue-Light-Schutz – Die blauen Wellen von Smartphones und Tablets sorgen nicht nur für trockene Augen, sondern lassen auch unsere Haut schneller altern. Blue-Light-Schutz in Tagescremes ist ein brandneuer Trend, an dem Kosmetikhersteller aktuell arbeiten.
Fakt ist: Auch wenn im Bereich Anti-Aging eifrigst geforscht wird: Der natürliche Alterungsprozess der Haut lässt sich nicht aufhalten. Aber zumindest gewisse Zeichen der Hautalterung lassen sich vermindern. „Versprechungen, dass Falten über Nacht weggebügelt werden oder die Haut durch eine Maske nicht mehr zerknittert, sind ebenso übertrieben wie die Behauptung, bessere Konturen seien bereits nach der ersten Anwendung möglich. Wir wollen aber, dass die Frau merkt, dass sich die Haut besser anfühlt und befeuchtet wird. Und dass nach mehrmaliger Anwendung Trockenheitsfältchen vermindert werden“, sagt Guylaine Le Loarer, Leiterin für Forschung und Entwicklung beim deutschen Naturkosmetikhersteller Annemarie Börlind.
Wie kommt es überhaupt zu Alterserscheinungen der Haut? „Die Zeichen der Hautalterung entstehen nicht nur, weil man mit dem Geburtstag wieder ein Jahr älter geworden ist. Sie entstehen, weil nach und nach kleinere Defekte zunehmen: Die Feuchtigkeitsversorgung der Haut nimmt ab, die Hautbarriere wird schwächer, oxidativer Stress macht sich bemerkbar. Wir wissen, dass diese ersten Schäden vor allem durch Umwelteinflüsse (UV-Strahlen, Luftverschmutzung), den Lebensstil und zu einem erheblich kleineren Anteil durch genetische Veranlagung verursacht werden“, so Carina Sitz, Product Manager Vichy von L‘ORÉAL Österreich.
Haut verliert als Erstes Feuchtigkeit
Kollagenfasern und Elastin halten die Haut elastisch und sind Wasserspeicher. Da sie mit der Zeit allerdings weniger werden, nimmt auch die Fähigkeit der Haut Wasser zu speichern ab. Die Folgen: Sie verliert an Elastizität und wird immer trockener und dünner. Hyaluronsäure kommt in den Zellzwischenräumen von Haut und Bindegewebe vor, ist ein ausgezeichneter Feuchtigkeitsspeicher und hält die Haut straff. Leider wird sie im Laufe des Lebens immer weniger gebildet.
„Die Haut verliert als Erstes Feuchtigkeit. Daher sind Rohstoffe, die mehr Feuchtigkeit geben wichtig“, so Le Loarer. Polysaccharide haben dabei einen Soforteffekt, indem sie einen Film auf der Haut bilden. Um die Collagen- und Elastinfasern zu schützen und mehr Feuchtigkeit zu bilden, reicht übrigens ein Wirkstoff nicht aus: „Es ist immer eine Kombination.“ Mit fortschreitendem Alter nimmt auch der Fettfilm der Haut ab. Pflanzenöle stärken beispielsweise die Hautbarriere.
Aber auch von außen ist die Haut Belastungen ausgesetzt: Sonnenlicht lässt sie schneller altern und sorgt in der Folge für Altersflecken. Als Schutz vor UV-Licht bildet die Haut Pigmente. Ein solcher Melaninüberschuss verursacht allerdings auch Pigmentflecken. Hier hilft beispielsweise Vitamin C in der Hautcreme. Vitamin C schützt als Antioxidans auch vor den vielzitierten freien Radikalen. Freie Radikale sind ungepaarte Elektronen, die Zellmolekülen Elektronen wegnehmen. Zu viele freie Radikale sind schädlich, weil sie uns zum Beispiel zu schnell altern lassen und zu Zellschäden führen können.
„Doch freie Radikale sind nicht nur böse. Der Körper braucht sie, um bereits veränderte geschädigte Zellen abzubauen und für Reparaturmechanismen“, sagt Allgemeinmedizinerin Dr. Eva Musil. Wir bilden permanent welche beim Ein- und Ausatmen. Schädlich sind sie, wenn sie überhand nehmen. „Antioxidantien fangen freie Radikale auf.“
Keine „Blümchenkosmetik“
Bei Annemarie Börlind setzt man in Sachen Pro- bzw. Anti-Aging etwa auf einen Extrakt der Schwarzwaldrose, der eigens im Unternehmen entwickelt wurde: „Was die Entwicklung angeht, arbeiten wir wie große Konzerne.“ Nur Wirkstoffe, die durch Studien belegt sind, kommen dabei in Frage. „Da unterscheiden wir uns von ‚Blümchenkosmetik‘, die mit Kräuterextrakten wirbt, ohne einen Beweis zu haben, ob die Wirkung tatsächlich im Produkt ist“, so die Entwicklungsleiterin. Zwar stammen die Wirkstoffe auch aus Pflanzen, aber meist wird kein Auszug verwendet, sondern ein Molekül aus der Pflanze oder Alge extrahiert, etwa ein Mehrfachzucker einer Alge mit feuchtigkeitsbindender Wirkung.
Stammzellenforschung
Die neueste Entwicklung sind Wirkstoffe der Schwarzwaldrose, an denen drei Jahre lang mit externen Partnern geforscht wurde. „Das Ziel war, einen Wirkstoff aus der Schwarzwaldrose zu entwickeln, die gut zu unserem Unternehmen passt. Wir wussten nicht, welche Wirkung herauskommt und haben Forschung von A bis Z betrieben.“ Dabei setzte man auf Stammzellenforschung. Stammzellen sind als Ursprungszellen u.a. für Reparaturmechanismen der Haut zuständig. So verwendet die Kosmetikindustrie pflanzliche Stammzellen, um die Haut widerstandsfähiger zu machen und die hauteigene Stammzellenproduktion anzuregen: „Die neue Technologie mit Stammzellen macht die Forschung einfacher. Man zieht Zellen aus der Blüte, der Wurzel oder dem Blatt und schaut, ob sich die Zellen unter Laborbedingungen vermehren. Am Ende sind zwei Rohstoffe mit belegter Wirkung herausgekommen.“ In-vitro-Tests bestätigten die Wirkung, wie bessere Feuchtigkeit und Collagenschutz. So stimuliert der Stammzellenextrakt der Schwarzwaldrose die hauteigene Hyaluronsäureproduktion, schützt das hauteigene Kollagen und verbessert den Wassertransport der Zellen.
Probiotische Keime
Bei L‘Oréal kommt wiederum ein anderer Trend zum Einsatz: ein Wirkstoff aus probiotischen Keimen. Kannte man Pro- und Präbiotika sonst eher aus dem Joghurt, haben die Bakterienkulturen nun auch ihren Weg in die Anti-Aging-Cremes gefunden. „Ähnlich wie das Immunsystem im Darmtrakt durch Probiotika gestärkt wird, schützt der innovative Wirkstoff die Haut vor schädlichen Umwelteinflüssen. Dabei wird mit einem sogenannten Lysat gearbeitet, einem immunologisch wirksamen Bestandteil von Bifidus-Bakterien“, erklärt Dr. Veronika Lang, die medizinisch-wissenschaftliche Leiterin von Hersteller L‘Oréal Österreich. Auch auf unserer Haut findet man Bakterien, die einen natürlichen Schutzfilm bilden. Probiotische Bakterien stärken diese Mikroflora.
Neuester Trend: Blue-Light-Schutz
Die neuesten Studien und Trends sind auch beim Naturkosmetikhersteller ein Thema. Wie etwa Anti-Pollution-Schutz: Verschmutzungen durch CO2-Partikeln oder Zigarettenrauch haben nicht nur in großen Städten Auswirkung auf die Hautzellen und lassen die Haut schneller altern. „Man sieht es nicht, doch es macht Sinn, sich zu schützen“, so Le Loarer. Der brandaktuellste Trend für ist übrigens ein Blue-Light-Schutz: „Studien beweisen, dass die Wellen von blauem Licht von Smartphones und Tablets die Haut schneller altern lassen. Das ist die nächste Stufe von Anti-Aging in Tagescremen.“ Noch ist die Verarbeitung in Hautcremes schwierig. Doch: „Wir arbeiten daran.“
Anti-Aging mit Hormonen
Hormone spielen eine wichtige Rolle im menschlichen Körper. Auch auf die Haut und die Faltenbildung haben sie Einfluss. Vor allem die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron (Gelbkörperhormon) straffen das Bindegewebe und sind für die nötige Elastizität der Haut zuständig. Östrogen sorgt für den Aufbau von Kollagen und Elastin in der Haut. Zudem ist Östrogen auch für die Wasserspeicherung zuständig, was sich positiv auf kleine Fältchen auswirkt.
„Hormone werden im Laufe unseres Lebens weniger. Das Älterwerden wird bei Frauen normalerweise mit einem Östrogenmangel in Zusammenhang gebracht. Das stimmt so nicht. Der Östrogenspiegel bleibt viel länger aufrecht als der Progesteronspiegel“, sagt Allgemein- und Ganzheitsmedizinerin Dr. Eva Musil. So kann sich das Gelbkörperhormon Progesteron bereits rund um das 35. Lebensjahr verringern. Wichtig sei es, für einen ausgeglichen Hormonspiegel zu sorgen. Denn: Ein Mangel an einem Hormon kann zur Überproduktion eines anderen Hormons führen. Daher sollte immer ein Hormonstatus ermittelt werden, um zu sehen, wie es um die individuelle Hormonbalance bestellt ist.
Fürs Anti-Aging sind besonders Progesteron und der Hormonvorstufe DHEA (Dehydroepiandrosteron) relevant, aber auch Testosteron. Aus DHEA kann der Körper, je nach Bedarf, Östrogen oder Testosteron bilden. DHEA wird dabei aus Cholesterin hergestellt. „Daher ist es nicht gut, Cholesterinwerte in den Keller zu treiben. Wir brauchen sie als gute Fette für den Hormonhaushalt“, so Musil. Muskelmasse nimmt mit dem Alter ab. DHEA, Progesteron und Testosteron fördern Muskelaufbau auf Kosten des Fettgewebes. „Doch man sollte nicht nur an der Oberfläche Falten glätten, sondern das Gewebe von Grund auf aufbauen, auch der Erhalt von Muskelmasse ist wichtig. Das geht nicht ohne Bewegung“, sagt die Ärztin.
Hoffnungen setzt die Anti-Aging-Forschung auch in die Telomerase. „Jede Zelle teilt sich ein paarmal, bevor sie endgültig abstirbt. Bei jeder Zellteilung muss sich auch die DNA teilen und vervielfältigen. Da passieren immer wieder Fehler“, so Musil. Die Endkappen der Chromosomen werden Telomere genannt. Sie werden bei jeder Zellteilung kürzer, bevor die Zelle abstirbt oder krank wird. Im Zellkern befinden sich Enzyme, deren Aufgabe es ist, Fehler abzufangen: „Das Enzym Telomerase hat die Aufgabe, verkürzte Telomere auszugleichen. Mit zunehmendem Alter nehmen Fehler bei Zellteilung zu, die Telomerase wird weniger.“ Forscher haben einen Stoff entwickelt, der die Telomeraseproduktion wieder in die Gänge bringt und dafür vor einigen Jahren den Nobelpreis bekommen. Regelmäßig eingenommen kann zwar der Alterungsprozess nicht gestoppt werden, aber zumindest verlangsamt. Auch Krebszellen enthalten übrigens Telomerase, weshalb sie quasi unsterblich sind.