Statt immer mehr Müll zu produzieren, müssen die Ressourcen so lange wie möglich nutzbar gemacht werden – sie sollen so lange wie möglich im Kreislauf verbleiben. Vertreter der Europäischen Union sind überzeugt: „Es liegt auf der Hand, dass das lineare Modell des Wirtschaftswachstums, auf das wir uns bisher gestützt haben, für die Erfordernisse der heutigen modernen Gesellschaft in einer globalisierten Welt nicht mehr geeignet ist. Wir können unsere Zukunft nicht auf einem Modell der Wegwerfgesellschaft aufbauen. Viele natürliche Ressourcen sind begrenzt; Deshalb müssen wir ökologisch und wirtschaftlich nachhaltige Wege finden, um sie zu nutzen.“
Die Idee von der Kreislaufwirtschaft ist nichts Neues mehr. Im Grunde bedeutet der Begriff den möglichst langen Werterhalt von Produkten und Rohstoffen. Schon im Jahr 2015 hat die Europäische Kommission einen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft beschlossen, um in der EU die Umstellung auf die Kreislaufwirtschaft zu unterstützen und so „die weltweite Wettbewerbsfähigkeit, das nachhaltige Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern“, wie es auf der Website der Kommission heißt.
Dieser Plan umfasst unter anderem Maßnahmen zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung um die Hälfte bis zum Jahr 2030, die Förderung von Reparaturfähigkeit, Haltbarkeit und Recyclingfähigkeit von Produkten, zusätzlich zur Energieeffizienz, außerdem eine Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft, in der Fragen der Recyclingfähigkeit, der biologischen Abbaubarkeit, des Vorhandenseins von gefährlichen Stoffen in Kunststoffen und des Nachhaltigkeitsziels zur beträchtlichen Reduzierung der Abfälle im Meer behandelt werden, sowie eine Reihe von Maßnahmen zur Wiederverwendung von Wasser.
54 Aktionen der EU am Weg zur Kreislaufwirtschaft
Insgesamt 54 Aktionen umfasst der Aktionsplan der EU. Darunter ist zum Beispiel das Verbot von bestimmten Artikeln aus Einwegkunststoff genauso wie die Förderung von Innovation und Investitionen. Kürzlich ist ein Bericht erschienen, der erste Ergebnisse und Entwicklungen auf Grund dieser Aktionen zusammenfasst.
Man zeigt sich zufrieden. So seien im Jahr 2016 in für die Kreislaufwirtschaft relevanten Sektoren mehr als vier Millionen Arbeitnehmer*Innen beschäftigt gewesen, was einem Anstieg um sechs Prozent gegenüber 2012 entspricht. „Der Umbau unserer Wirtschaft ist im Gange. Die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft haben Eingang in die Produktion, den Konsum, die Wasserbewirtschaftung, die Ernährungswirtschaft und die Bewirtschaftung von bestimmten Abfallströmen und insbesondere Kunststoffen gefunden“, so der Erste Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans.
EU-Kreislaufwirtschaft braucht Rückgang bei Rohstoffverbrauch
Und tatsächlich ist beispielsweise die Recyclingquote gestiegen. Die Verwertungsquote von Bau- und Abbruchabfällen lag 2016 bei 89 Prozent und die Recyclingquote von Verpackungsabfällen bei mehr als 67 Prozent gegenüber 64 Prozent im Jahr 2010, wobei Kunststoffverpackungen 2016 zu über 42 Prozent recycelt wurden (gegenüber 24 Prozent im Jahr 2005). Seit 2005 hat sich die Recyclingquote von Kunststoffverpackungen innerhalb der Europäischen Union also fast verdoppelt. Matthias Neitsch, Geschäftsführer von RepaNet – Re-Use- und Reparaturnetzwerk Österreich, ein Verein zur Förderung der Wiederverwendung, Ressourcenschonung und der Beschäftigung im Umweltbereich, zeigt sich allerdings kritisch: „Solange es keinen Rückgang des Rohstoffverbrauches in absoluten Zahlen, also in Kilo pro Person gibt, können wir nicht von Kreislaufwirtschaft reden. Derzeit gibt es keine Signale, dass sich die jährliche Rohstoff-Verbrauchssteigerung auch nur annähernd verlangsamen würde, geschweige denn zum Erliegen kommt. Weiters werden derzeit jährlich mehr Rohstoffe in Gebäude und Infrastruktur verbaut als insgesamt entsorgt, verbrannt und recycelt. Der „Circularity gap“ (derzeit werden nur ca. neun Prozent des Rohstoffverbrauches durch Recycling gedeckt, 91 Prozent der Rohstoffe sind somit noch immer Primärrohstoffe!) wird nicht geringer, und der Rohstoffverbrauch steigt jährlich, das bedeutet gesteigertes Recycling kann derzeit nicht einmal den jährlichen Mehrverbrauch kompensieren.“ Außerdem ist er überzeugt: „Vermehrtes Recycling ist zwar nett, aber durch immer kürzere Lebenszyklen von Gebäuden, Infrastruktur und Gebrauchsprodukten wird das Grundproblem der noch immer jährlich steigenden Primärrohstoffentnahmen nicht gelöst. Auch nachwachsende Rohstoffe helfen nicht weiter, denn deren Verfügbarkeit ist aufgrund begrenzter Agrarflächen genauso begrenzt wie jene von nicht erneuerbaren Ressourcen.“
Öko-Design kommt
Das klingt alles weniger optimistisch. Vielleicht sollte man also das Pferd nicht von hinten aufsatteln, sondern am Anfang des Lebenszyklus von Produkten den ökologischen Gedanken voranstellen. Das passende Stichwort dazu: Ökodesign. Es zielt darauf ab, dass Produkte von Anfang an möglichst ressourcenschonend und kreislauffähig entworfen und produziert werden. Auch hierfür hat die EU Kommission eine Richtlinie verfasst. Darin enthalten sind Vorschriften zu den Anforderungen an die Materialeffizienz, wie zum Beispiel der Verfügbarkeit von Ersatzteilen, der Erleichterung von Reparaturen und der Behandlung am Ende des Lebenszyklus. Allerdings meint Neitsch, dass auf Produktebene Ökodesign nur eine geringe Rolle für die EU-Kreislaufwirtschaft spielt, „denn die Rebound-Effekte werden die Effizienzgewinne fressen. Design muss sich anstatt um Produkte endlich um die Menschen kümmern und fragen, wie man deren Bedürfnisse mit minimalstem Ressourceneinsatz bei hohem Glücks- beziehungsweise Zufriedenheitsniveau befriedigen kann. Daraus müssen nachhaltige Unternehmen dann ihre innovativen Geschäftsmodelle entwickeln. Sie müssen also lernen, Zufriedenheit und Wohlbefinden zu verkaufen, und das mit minimalstem Einsatz von Rohstoffen, egal ob Primär- oder Sekundärrohstoffe. Wir müssen endlich begreifen, dass Wohlstand nicht andauernd wachsen kann, und dass mehr Glück nicht von mehr Materialien und mehr Waren kommt. Unser Planet hat nun mal Grenzen.“
Recycling in Österreich
In Österreich fallen jährlich rund 1,34 Millionen Tonnen Verpackungsabfälle an. Das zeigt der aktuelle Statusbericht des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus, für den das Umweltbundesamt die Datengrundlage erstellt hat. Kunststoffverpackungen machen ca. 300.000 Tonnen aus. Die getrennte Sammlung von Glas-, Metall- und Kunststoffverpackungen aus dem Haushaltsbereich ist seit 2009 um 6 % angestiegen.
Die Recyclingziele für Kunststoffverpackungen, die bis zum Jahr 2025 erreicht werden müssen, stellen eine große Herausforderung dar. Hier liegt Österreich mit 100.000 t Recyclingmenge und 34 % weit über dem aktuellen EU-Recyclingziel von 22,5 %, im Jahr 2025 müssen jedoch 50 % Recyclingquote erreicht werden, bis zum Jahr 2030 ist eine Recyclingquote von 55 % und eine Sammelquote an PET-Getränkeflaschen von 90 % zu erzielen.
Quelle: Altstoff Recycling Austria
Foto/Video: Shutterstock.