Energieeffizienz ist wesentlich. Tatsache ist, dass rund 40 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs auf das Konto des Gebäudesektors gehen, der damit auch das größte CO2- und Energie-Einsparungspotential ausmacht. Im Bereich der österreichischen Haushalte stellt die Raumwärme mit knapp 73,3 Prozent des Endenergieverbrauchs in Höhe von 272,5 Petajoule (Energiestatus Österreich) den größten Verbrauchsanteil dar. Wer denkt, der Energieverbrauch in den heimischen Haushalten sinkt aufgrund von Krise und Umweltbewusstsein, irrt: Der klimabereinigte Endenergieverbrauch je Einwohner (Anmerkung: Um die wetterbedingten Schwankungen des Endenergiebedarfes zu nivellieren, ist eine Klimabereinigung des Energieverbrauchs erforderlich.) stieg bis zum Jahr 2008, ging 2009 aufgrund der Wirtschaftskrise markant zurück und stagnierte danach. Seit 2012 steigt er wieder und lag im Jahr 2013 um rund 26 Prozent höher als im Jahr 1995.
Wohnungen sanierungsbedürftig
Insbesondere der Gebäude-Altbestand hat in Sachen Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit gehörigen Nachholbedarf. 2,2 Millionen Wohnungen oder rund 60 Prozent des gesamten Wohnungsbestands bräuchten eine energieeffiziente Sanierung („Effizienzpotenziale in der Österreichischen Wohnungspolitik“, IIBW 2012). Die Sanierungsrate liegt in Österreich seit Jahrzehnten bei etwa einem Prozent, sprich es dauert 100 Jahre, bis der Gebäudebestand komplett durchsaniert ist. Noch dazu machen die thermischen Sanierungen nur einen Teil der Gesamtsanierungen aus. Energie wird also sprichwörtlich aus dem Fenster geschmissen.
Volkswirtschaftlicher Schaden
Dass nachhaltiges Bauen und Sanieren nicht nur einen wirtschaftlichen Aspekt jedes Haushaltes darstellt, sondern auch ein volkswirtschaftlicher Faktor ist, steht spätestens nach Einführung des Sanierungsschecks des Bundes fest: 2013 konnten mit 132,2 Millionen Euro Fördermittel nachhaltige Investitionen von 847 Millionen Euro unterstützt werden. Insgesamt wurden 12.715 Arbeitsplätze gesichert bzw. geschaffen und 3,6 Millionen Tonnen CO2-Emissionen eingespart.
Dem steht die Studie „COIN – Cost of Inaction: Assessing the Costs of Climate Change for Austria“ gegenüber, nach der Österreichs Volkswirtschaft bis 2050 Schäden, die durch den Klimawandel verursacht werden, in Höhe von bis zu 8,8 Mrd. Euro jährlich zu verkraften haben wird.
Schlüssel Energieeffizienz
Welche Gebäudearten und welche Baumaterialien sind am Wirtschaftlichsten? – Diese Frage hat u.a. die aktuelle Studie „Innovative Gebäudekonzepte im ökologischen und ökonomischen Vergleich über den Lebenszyklus“ untersucht. Das Fazit: „Da der Energieverbrauch durch die Gebäudenutzung einen wesentlichen Anteil der Umweltwirkung von Gebäuden verursacht, muss auf selbigen das Hauptaugenmerk bei der Planung und Auslegung von Gebäuden gerichtet werden. Umfassende Gesamtkonzepte sind heute auch für kleine Objekte wie Einfamilienhäuser wichtig.“ Und: „An erster Stelle im Maßnahmenkatalog muss nach wie vor die Erhöhung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden stehen.“
Laufenden Kosten wesentlich
Auch wenn das Ergebnis der Studie nicht eindeutig für eine oder mehrere Gebäudevarianten spricht, kann doch eine wesentliche Schlussfolgerung getroffen werden, so die Studienautoren: „Das einzig selig machende und die Welt rettende Gebäudekonzept gibt es nicht. Die reine Betrachtung der Anfangsinvestition eines Gebäudes, d.h. ausschließlich der Errichtungskosten (Herstellungskosten), schafft niemals ein korrektes Bild über die wahren Kosten eines Gebäudes. Wenngleich eine Lebenszykluskosten-Bilanzierung auf diversen Annahmen beruht, zeigt sich im Projekt ganz deutlich, dass auch hier die Gesamtkosten über die angesetzte Nutzungsdauer (50 Jahre) sehr stark von den laufenden Kosten der Gebäudenutzung beeinflusst werden.“
Entscheidender Faktor Energiepreise
Zwei Haken hat die Studie allerdings: Zu den Berechnungen wurden nur die aktuellen Energiepreise herangezogen, künftige Preissteigerungen also nicht berücksichtigt. Zudem wurde mit recht hohen Herstellungskosten kalkuliert, die – durch andere Studien belegt – inzwischen unterboten werden können.
Da in den nächsten Jahrzehnten mit höheren Energiepreisen jeder Art zu rechnen ist, sind hier Gebäudekonzepte mit Schwerpunkt auf Energieeffizienz – also Passivhaus sowie Null- und Plusenergiehaus – eindeutig im Vorteil. Unterm Strich werden diese Konzepte daher auch in der Gesamtkostenbilanz günstiger, wenn sie im Vergleich nicht sogar als Preissieger hervorgehen. Eventuelle Mehrkosten relativieren sich also, in welchem Ausmaß ist aufgrund der Energiepreisentwicklung leider nicht vorhersehbar.
„Fakt ist: Ohne Energieeffizienz gibt es kein nachhaltiges Bauen. Es geht nicht mehr darum, ob der Klimawandel stattfindet, sondern nur mehr darum, wie stark oder unvorteilhaft die Konsequenzen daraus sind. Wer CO2 sparen will, baut und betreibt seine Häuser energieeffizient und mit einem möglichst vorteilhaften Einsatz von erneuerbaren Energien bei der Bereitstellung des Restenergiebedarfs. Wer Gegenteiliges behauptet, stellt sich auf die Seite derer, die schon an der mittelfristigen Zukunft kein allzu großes Interesse zeigen und denen es möglicherweise – wirtschaftlich betrachtet – eher um eine vorteilhafte Gegenwart geht“, meint dazu Robert Lechner, Österreichisches Ökologie Institut ÖÖI.
Energiepreise
Einen entscheidenden Faktor in der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit des nachhaltigen Bauens und Sanierens stellen die Energiepreise dar – insbesondere jener für Rohöl. Abseits dessen, dass fossile Energieträger begrenzt sind und in unbekannter, aber absehbarer Zeit zu Neige gehen, zeigten die letzten Jahre die Unvorhersehbarkeit der Preisentwicklung. Fest steht auch: Die Preise der fossilen Energieträger werden langfristig weiter steigen.
Das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft dazu im Energiestatus-Bericht 2015: „Bei längerfristiger Betrachtung hat der Rohölpreis (inflationsbereinigt) 2003/04 wieder das Niveau zu Anfang der 1990er Jahre erreicht und ist danach dermaßen gestiegen, dass er im Jahr 2008 die Werte von 1980, dem Höhepunkte der 2. Erdölkrise, bei weitem übertroffen hat. In den letzten Monaten von 2008 setzte ein Preissturz ein und 2009 lag der reale Ölpreis bei rd. 60 Dollar/Barrel, was etwa dem Niveau des Jahres 1982 entspricht. In den Jahren 2010 und 2011 zog der Preis neuerlich stark an und erreichte zuletzt mit rd. 102 Dollar/Barrel einen Rekordwert. Im Jahr 2012 lag der Preis bei knapp unter 100 Dollar/Barrel und damit um fast das Dreifache über dem realen Preis von 1990. Im Jahr 2013 ging er neuerlich leicht zurück und lag zuletzt bei rund 95 Dollar/Barrel. Die Preisentwicklung auf den internationalen Märkten hat naturgemäß die Energiepreissituation in Österreich stark beeinflusst.“
Anfang 2015 stürzte der Ölpreis auf unter 50 Dollar ab und lag zuletzt um die 60 Dollar.
Von Standard bis Hightech
Fest steht auch: Wie jedes Produkt kostet auch ein Haus je nach Qualität und Leistung mehr oder weniger. Die unterste Kategorie des nachhaltigen Bauens und somit auch Standard-Bauweise markiert das Niedrigenergiehaus, die höchste das Plusenergiehaus, welches in der Gesamtbilanz sogar einen Energieertrag abwirft. Dazwischen finden sich die Gebäudekonzepte Passivhaus und Sonnenhaus sowie Mischvarianten ein.
Kosten gesunken
Die Studie der Universität für Bodenkultur Wien „Nachhaltigkeitsmonitoring augewählter Passivhaus-Wohnhausanlagen in Wien“ hat die Herstellungskosten im Vergleich zum Baustandard Niedrigenergiehaus gegenübergestellt. Das Ergebnis: Die Kosten für nachhaltiges Bauen sinken aufgrund technischer Entwicklungen, zumindest im mehrgeschossigen Wohnbau. Die Autoren: „Die Mehrkosten der ersten Wiener Passivhaus-Wohnhausanlagen lagen bei etwa 4-12 Prozent wobei in Zukunft durch kosteneffizientere dezentrale Haustechnikanlagen eher von einer Bandbreite von 4-6 Prozent ausgegangen werden kann.“
Die aktuelle deutsche Studie „Preisentwicklung Gebäudeenergieeffizienz“ hat dazu am Beispiel des Neubaus einer Doppelhaushälfte dargestellt, wie sich tatsächliche Kosten von 1990 bis heute im Lichte zunehmender gesetzlicher Anforderungen an die Energieeffizienz entwickelt haben – preisbereinigt über den Baukostenindex. Das Ergebnis: Zahlreiche Bauteile wie Porenbetonwand, Fenster, Dach oder Heizungspumpen kosten heute weit weniger bzw. erhält man eine weit bessere Qualität um den selben Preis. Die Autoren: „Angesichts der Ergebnisse dieser Initialstudie scheint die These von der „steigenden Energieeffizienz als natürlicher Feind des kostengünstigen Bauens“ nicht haltbar zu sein.“ Die Studie kommt sogar zu dem Schluss, dass sowohl der heutige Neubau-Standard als auch sämtliche Zukunftsstandards bei guter Planung bereits heute die niedrigsten monatlichen Kosten aufweisen können als die vergangenen Standards der letzten Jahrzehnte.
Wirtschaftlichkeit errechnet
Die künftigen Energiekosten mit kalkuliert haben das Energieinstitut Vorarlberg und e7 Energie Markt Analyse. In der Studie „Analyse des kostenoptimalen Anforderungsniveaus für Wohnungsneubauten in Vorarlberg“ (2013) wurden verschiedene Gebäudetypen und Kombinationen – Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser, Massiv- und Holzbau, sowie Gas-, Pellets- und Wärmepumpenheizung – in Hinblick auf Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit über 30 Jahre errechnet und verglichen. Eingerechnet wurden die Anfangsinvestitionskosten für energierelevante Bauteile und Komponenten, Planungskosten, Wartungs- und Instandhaltungskosten sowie Energiekosten inklusive Preissteigerungen.
Als Basis der Baukosten diente das vergleichsweise gehobene vorarlbergische Preisniveau. Ergebnis: Zwar liegen die Investitionskosten der energetisch besten Varianten mit Solaranlage gegenüber den Varianten nach Baustandard Niedrigenergie und ohne Solaranlage höher, die tatsächliche Wirtschaftlichkeit zeigt sich jedoch in der Betrachtung über mehrere Jahrzehnte.
Die genannten Studien von unterschiedlichen Autoren zeigen deutlich, dass die Mehrkosten für optimal ökologisch und energieeffiziente Gebäude bei Betrachtung über Jahrzehnte egalisiert werden bzw. äußerst gering sind.
Wärmeverlust & Einsparungspotential
Eine Berechnung, welche Einsparung durch Sanierung möglich ist, hat das Forschungsinstitut für Wärmeschutz FIW in München in einer Studie angestellt. Als Beispiel diente ein Einfamilienhaus der Altersklasse 1968 bis 1979 (inkl Schwankungsbereich). Werden die gesamten Sanierungskosten laut Beispiel von 67.780 Euro kalkuliert, ergeben sich bei der Einsparung ein Mehrkosten-Nutzen-Verhältnis von 2,28 Euro/kWh a und eine mittlere Amortisationszeit von etwa 16 Jahren.
Die optimale Dämmstärke
Neue Ergebnisse über die optimale Dammstärke bringt ein Online-Rechner des Institut für Baubiologie und – Ökologie (IBO). „Immer wieder wird in den Medien auf nicht ganz sachliche Weise gegen Wärmedämmung mobil gemacht: Teuer, nur für die Dämmstoffindustrie vorteilhaft, ineffizient, umweltschädlich, problematisch in der Entsorgung. baubook hat einen ökologischen Amortisations- und Wirtschaftlichkeitsrechner für Bauteile entwickelt, mit dem man selbst transparent überprüfen kann, ob sich eine Dämmmaßnahme rentiert und wie sie sich auf die Umwelt auswirkt“, präsentierte kürzlich Bernhard Lipp, Österreichisches Institut für Baubiologie und – Ökologie (IBO), das AWR-Tool (www.baubook.at/awr). Mit Tool können ökologische und wirtschaftliche Amortisation von Dämmmaßnahmen schnell und transparent online berechnet werden. Dies brachte auch Optimalwerte ans Licht: Ökonomisch betrachtet liegt der Idealwert zwischen 25 und 50 Zentimeter. Ein Beispiel: Bei mineralischen Wärmedämmplatten betragen die genaueren Optimalwerte ab mindestens 85 Zentimeter (ökologisch) für nicht erneuerbare Primärenergie und 23 Zentimeter (ökonomisch). Trotzdem gilt es zukunftssicher und energieeffizient zu sanieren, da davon ausgegangen werden kann, dass über den Lebenszyklus eines Gebäudes zumeist nur einmal saniert wird.
Gerade bei der Dämmung halte ich ökologische Materialien für sehr wichtig. Irgendwann müssen die Dämmplatten schließlich entsorgt werden…