Laut Angaben der AUVA sind rund 26 Prozent der Friseure von Hautkrankheiten betroffen. Der Umgang mit aggressiven Haarfärbemitteln, Haarsprays und Co. ruft Berufskrankheiten hervor, die in der Branche unter Namen wie „Friseur-Ekzem“ oder „Friseur-Asthma“ grassieren. Heute betrifft die häufigste berufsbedingte Hautkrankheit mehr als die Hälfte aller Lehrlinge bereits im ersten Lehrjahr. Einige Friseure müssen deshalb sogar ihren Beruf aufgeben.
Naturprodukte sind gesünder
Eine Lösung sind Naturprodukte. Mittlerweile gibt es selbstverständlich Haarfarben und Pflegeprodukte, die aus rein natürlichen Substanzen bestehen und abgesehen von speziellen Allergien, die immer auftreten können, keine Risiken für die Gesundheit bergen. Wer allerdings mit Naturprodukten arbeitet, muss über fundiertes Fachwissen zu diesen Produkten verfügen und gleichzeitig einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen. „Haut und Haar sind sensible Organe des Körpers und Spiegel der Seele. Ein guter Naturfriseur sieht immer den Menschen als Ganzes“, erklärt Monika Dittrich. Dittrich weiß, wovon sie spricht. Immerhin war sie selbst als konventionelle Friseurin von Hautproblemen betroffen, bevor sie Naturfriseurin wurde. Jetzt, sagt Dittrich, hat sie keinerlei gesundheitliche Probleme mehr. Auch Lydia Streicher war betroffen. Der Friseurin wurde wegen Lungenproblemen vom Arzt empfohlen, den Beruf zu wechseln. Das tat sie aber nicht. Stattdessen wechselte sie zu Naturprodukten. „Zwei Wochen nach dem Wechsel war ich wie neu geboren. Ich hatte keine Beschwerden mehr“, erzählt sie.
Vorschlag: Duale Ausbildung für Friseure
Die Ausbildung zum Friseur ist in Österreich Sache der Bundesinnung für Friseure. Einen eigenen Zweig oder eine Fachrichtung „Naturfriseur“ gibt es offiziell nicht. Angélique Flach, selbstständige Referentin für Naturprodukte sieht in der Ausbildung Verbesserungspotenzial: „Ich würde mir wünschen, dass Natur ein Bestandteil der Friseurausbildung wird. Derzeit wird dem Thema zu wenig Beachtung geschenkt. Ich denke, eine duale Ausbildung, die einerseits den Naturaspekt behandelt, andererseits konventionelle Chemie, wäre wünschenswert. Die jungen Menschen sollten beide Aspekte kennenlernen dürfen und dann eine Entscheidung fällen, ob sie sich auf eine Schiene spezialisieren wollen oder für beide Teilbereiche eine Prüfung ablegen. Für den Naturfriseur schlage ich eine eigene Berufsbezeichnung vor, zum Beispiel die des „Haut- und Haarpraktikers“. Leider fehlen den Naturfriseuren die Lobby und die Mittel, um sich in den Ausbildungsstätten Platz zu verschaffen. Hier müsste die Berufsvertretung stärker für eine Gleichbehandlung von Natur und Chemie eintreten.“
„Wenn in den Berufsschulen nichts über Natur gelehrt wird, ist dies unterlassene Wissensvermittlung.“
Willie Luger
Eine Ausbildung zum „Haut- und Haarpraktiker“ bietet das Unternehmen Culumnatura in Ernstbrunn (NÖ) bereits an. Gründer und Geschäftsführer Willi Luger (hier im Interview) sieht die Problematik ähnlich: „Wenn in den Berufsschulen nichts über Natur gelehrt wird, ist dies unterlassene Wissensvermittlung. Dies zählt quasi zum Basiswissen und sollte integrativer Bestandteil des Unterrichtes sein und somit sollte über diesen Inhalt keine extra Prüfung notwendig sein. Viele engagierte Lehrer kommen von den Berufsschulen auf uns zu, um zu kooperieren. Doch meistens scheitert die Zusammenarbeit dann an höheren Stellen. Das ist bedauerlich. Immerhin sind Naturfriseure stark gefragt – das sieht man auch an den Umsätzen. Mir geht es aber vor allem darum, das Ansehen des Friseurberufs wieder zu heben, und dafür muss fehlendes Hintergrundwissen vermittelt werden. Im besten Fall ist ein Friseur heute ein Dienstleister, der Haare schneiden kann. Alles, was darüber hinausgeht, die Beschaffenheit von Haut und Haar, die gesundheitsbezogenen Zusammenhänge, Wissen um die Inhaltsstoffe und Wirkungen von Haut- und Haarpflegeprodukten, der Einfluss der Ernährung, all das erfordert ein Hintergrundwissen, über das die wenigsten in der Branche verfügen.“
Immerhin: In der Berufsschule Hollabrunn gibt es bereits einen eigenen Raum für Naturprodukte. Die Schüler können auf freiwilliger Basis eine Prüfung für das Zertifikat des „Haut- und Haarpraktiker“ ablegen. Das Interesse bei den Auszubildenden sei groß, erzählt Luger: „Am Anfang waren pro Klasse nur Einzelne Teilnehmer an dem Programm. Heute kommen oft ganze Klassen in den Kurs.“
Innung: Basis-Ausbildung für Friseure reicht
Wolfgang Eder, Bundesinnungsmeister der Friseure ist der Meinung, dass die Basisausbildung in den Berufsschulen ausreicht. Die Ausbildung zum Naturfriseur sei eine Zusatzqualifikation. „Die Berufsschulen bieten eine Ausbildung laut Berufsbild der Friseure. Darin enthalten sind auch Grundlagen zu natürlichen Produkten, wie Henna. Doch 80 Prozent der Ausbildung verbringt der Lehrling im Betrieb. Wer sich dafür interessiert, sollte sich am besten von einem Naturfriseur ausbilden lassen. Außerdem sind die Naturprodukte in der Anwendung sehr unterschiedlich. Das ist ein weiterer Grund, weshalb das Arbeiten mit Naturprodukten am besten im Betrieb erlernt wird.“