Wer Informationen im Internet sucht, fragt die Suchmaschinen Google & Co. Welche Seiten dort angezeigt werden entscheidet deren geheimer Algorithmus – und ganz besonders Geld.
Wer bei Google (und auch anderen Suchmaschinen) in Österreich den Begriff „Nachhaltigkeit“ eingibt, wird bei kritischer Betrachtung staunen. Denn abseits von thematisch fragwürdiger Werbung und keiner einzigen Öko-NGO auf den ersten Seiten des (individuellen) Suchergebnisses lassen sich dafür gleich zwei wegen mangelndem Öko-Engagement kritisierten Ministerien und besonders zahlreiche Unternehmen mit mäßig ökologischen Ruf finden. Mit dabei: die OMV, Henkel, die Wirtschaftskammer, der Verband österreichischer Zeitungen und der Handelsriese Rewe.
Die Kritik an Google & Co ist berechtigt und gleichzeitig schockierend: Längst ist das Internet nicht objektiv und nur wer Geld in die Hand nimmt, bekommt einen Platz unter den relevanten Top-Plätzen bei den Suchergebnissen. Kein Wunder also, dass angesichts der Kapitalisierung des Internets selbst die Non-Profit-Organisation WWF Google-Werbung schalten muss.
Warum das so ist, erklärt das Zauberwort SEO (Search Engine Optimization, zu Deutsch Suchmaschinen-Optimierung). Längst ist aus der gezielten Manipulation der Suchergebnisse eine Milliarden-Branche entstanden, die nicht nur Webshops zum Erfolg verhilft, sondern auch im großen Stil dabei hilft Meinungen zu beeinflussen. Wohl nicht unbedingt immer zum Guten. Fest steht: Nur wer weit vorne bei Google angezeigt wird, wird auch entsprechend wahrgenommen.
Konkurrenz fördert Werbegeschäft
So leicht kann sich Google – aktuell auf Platz drei der wertvollsten Marken mit einem aktuellen Umsatz von 323,6 Millarden Dollar – hierbei nicht aus der Affaire ziehen, denn die meisten der SEO-Maßnahmen für ein gutes Ranking fordert der Suchmaschinen-Konzern sogar selbst. Und fördert damit mutmaßlich ganz bewußt den Konkurrenzkampf um die begehrten Seite-1-Plätze: Je mehr sich am Wettstreit beteiligen, desto schwieriger wird es einen guten Platz zu ergattern. Die Folge: Um erfolgreich zu sein bleibt nur noch bezahlte Google-Werbung, das Hauptgeschäft des Suchmaschinen-Giganten.
Fast schon Zensur
Aus zivilgesellschaftlicher Sicht ist die Entwicklung überaus bedenklich und geht beinahe in Richtung Zensur: Nur wer ausreichend Geld für SEO in die Hand nimmt, kann seine Meinung oder Ideologie verbreiten. Alle anderen werden zwar auch indexiert, aber erreichen aufgrund eines schlechten Rankings deutlich weniger Menschen. Fazit: Der Kapitalismus hat das Internet längst erreicht. Geld beherrscht die Meinungshoheit im Internet.
Googles Verständnislosigkeit
„Die Hypothese, Google könne versuchen, Resultate zu manipulieren, entbehrt jeglicher Grundlage. Egal bei welchem Thema, Google hat niemals Suchergebnisse anders angeordnet, um die Einstellung von Nutzern zu beeinflussen. Von Anfang an war die Bereitstellung der relevantesten Antworten und Ergebnisse für unsere Nutzer der Grundpfeiler der Google-Suche. Es würde das Vertrauen der Menschen in unsere Ergebnisse sowie in unser Unternehmen als Ganzes untergraben, wenn wir diesen Kurs ändern würden“, meint dazu Google auf unsere Anfrage. Google hat offenbar die Problematik nicht verstanden, oder will es nicht. Denn nicht direkte Manipulation lautet die Kritik, sondern die Bevorzugung von durch hohe Investitionen optimierte Webseiten sowie die Befeuerung der SEO-Dynamik.
Indirekt bestätigt Google in seiner Stellungnahme aber den Vorwurf: „Algorithmen analysieren Hunderte unterschiedlicher Faktoren, um die besten Informationen im Web zu finden – von der Aktualität des Inhalts über die Häufigkeit des Suchbegriffs auf der Seite bis zur Nutzerfreundlichkeit der jeweiligen Webseite. […]Wenn andere bekannte Websites zu diesem Thema auf eine Seite verlinken, ist das ein gutes Zeichen dafür, dass die Informationen dort gut passen. […] Um Websiteinhabern zu helfen, haben wir detaillierte Anleitungen und Tools bereitgestellt, zum Beispiel PageSpeed Insights und Webpagetest.org, sodass sie sehen können, was sie gegebenenfalls anpassen müssen, um ihre Websites für Mobilgeräte zu optimieren.“
Sprich: Nur wer seine Webseite laufend optimiert, hat Chancen auf ein gutes Ranking bei Google & Co. Und: Ganz besonders gilt es dabei die von Google auferlegten Kriterien zu erfüllen.
Alternativen nicht viel besser
Wer nun denkt, dass es bei andere Suchmaschinen besser ist, irrt. Abseits des extremen Marktanteils von Google am Weltmarkt (70,43 Prozent am Desktop, 93,27 Prozent mobil, August 2020) nutzen auch alle anderen Suchmaschinen entsprechende Algorithmen. Und selbst die vermeintlich „gute“ Suchmaschine Ecosia ist da keine Ausnahme. Sowohl Ecosias Suchergebnisse als auch die Suchanzeigen werden von Bing (Microsoft) geliefert.
Gefahr Desinformation
Auch wenn die Vorgehensweise von Google legitim die eigenen unternehmerischen Interessen verfolgt, das Ergebnis ist ähnlich wie bei der Entwicklung bei sozialen Netzwerken ein problematisches: Insbesondere irreführender Meinungsbildung und Desinformation sind damit Tür und Tor geöffnet. Wer seine Meinung verbreiten will, kann das heutzutage mit dem nötigen Kapital besser denn je. Und dies kann durchaus vorherrschende Meinungen zum Wohlgefallen der Profiteure verändern. Eine politische Reglementierung ist überfällig.
Suchmaschinen-Optimierung (SEO) wird unter anderem durch gezielte Wiederholung von Suchbegriffen in einem Text und anderen „Tricks“ erreicht. Um dabei wirklich erfolgreich zu sein, muss auf teures Know-how spezialisierter Unternehmen zugegriffen werden. Entscheidend für den Webseiten-Erfolg bei Suchmaschinen ist aber auch eine möglichst rasche Anzeige der Inhalte. Dafür sind besonders ein schneller Server, eine optimierte Netzanbindung und sogenannte Cache-Tools notwenig. Die realistischen jährlichen Kosten dafür: mehrere tausend Euro.
Eine weitere Möglichkeit zur Manipulation ist das sogenannte Linkbuilding. Dafür werden gegen Bezahlung SEO-Texte auf fremden Webseiten platziert, die per Link auf die eigene Webseite hinweisen. So wird den Suchmaschinen besondere Relevanz vorgegaukelt, wodurch ein besseres Ranking erzielt werden kann.
Foto/Video: Shutterstock.
Stimme nicht ganz zu. SEO bietet gerade den „Kleinen“ mit verhältnismäßig relativ geringem Aufwand (im Vergleich zu Großen, für die das viel teurer ist) die Möglichkeit, neben den „Großen“ bei bestimmten Begriffen auf den ersten Plätzen zu ranken. Mit einer guten Strategie und Content-Know-how kann nachhaltig viel erreicht werden. Von Linkbuilding (gekauften Links) und anderen kurzfristigen Tricks oder „zuviel des Guten“ bzw. schwarzen Schafen sollte man tunlichst die Finger lassen. Denn das kann gehörig nach hinten losgehen, wenn ein Unternehmen dann von Google gestraft wird und völlig aus den Suchergebnissen fällt. Prominente Beispiele wie BMW sind gut dokumentiert. Dann wird es richtig teuer – nicht nur durch den Verlust von Einkommen durch das Verschwinden aus den Suchergebnissen, sondern auch durch viel Geld, um die SEO-Abstrafung wieder zu reparieren. Da gibt es Große, die selbst nach Jahren damit immer noch zu kämpfen haben.
Mit SEO kann man einiges erreichen. Allerdings: Wer es nicht selber kann, muss Geld in die Hand nehmen. Folglich steht dem Erfolg im Internet eine finanzielle Hürde im Weg.