Nach über 30 Jahren als aktiver österreichischer Wahlberechtigter darf ich es aussprechen: Keine einzige heimische Partei erfüllt meine Voraussetzungen einer vernünftigen, ausgeglichenen Politik. Es fällt seit jeher einfach unsagbar schwer das einzige Recht als Staatsbürger zur Mitgestaltung auszuüben – und das alleine ist traurig genug.
Da weder die ÖVP-Mandatare einen Funken Restanstand zeigen und sich, den Öko-Aktivisten gleich, an ihren Platz der Macht festkleben, noch die Grünen angesichts falschem Verantwortungsgefühl Erbarmen erkennen lassen, wird wohl erst im Herbst 2024 wieder gewählt. Trotz aller Korruptionsskandale. Trotz absolut mangelhafter und unvernünftiger Politik, großteils gar gegen die Interessen der Bürger. Trotz unfassbarer Umfrageergebnisse – wenig überraschend führt Wolfgang Sobotka die Liste des Nicht-Vertrauensindex aktuell mit -61 Punkten an. Wo sind die Christlich-Sozialen geblieben? Wo die Nachfolger von Josef Riegler (Öko-soziale Markwirtschaft) oder Erhard Busek?
Besonders schlimm: es ist keine Besserung in Sicht. Laut Kurier-Sonntagsfrage – und lassen wir kurz die Herkunft beiseite – erreicht die skandalbehaftete ÖVP noch immer 23 Prozent durch die Stimmen betuchter Profiteure der heimischen, neoliberalen Klientelpolitik, gleich viel wie die SPÖ aktuell erwarten darf. Die FPÖ scharrt schon in den Startlöchern angesichts lockender 28 Prozent und würde wohl Kanzler Herbert Kickl stellen. Ganz zum Missfallen von 45 Prozent, die eine Koalition mit der FPÖ ablehnen. Die restlichen Parteien werden wohl zumindest teils strategischen Wählerüberlegungen zum Opfer fallen und zudem aus meiner Sicht höchstwahrscheinlich und verdient die Grünen sich abermals vom Parlament verabschieden müssen.
„Not & Elend“
Was droht uns also: wieder „Not und Elend“. Selbst wenn die SPÖ doch noch zulegt und siegreich aus der kommenden Nationalratswahl hervorgeht, bleiben ihr also nur zwei Partner; und ich möchte – wie wohl sehr viele Österreicher – keinen davon mehr in irgendeiner Regierung sehen.
Entscheiden wird die SPÖ-Befragung: Kann sich Pamela Rendi-Wagner durchsetzen steht uns wohl rot-schwarz ins Haus, wenn es sich ausgeht. Immerhin: Zumindest der aktuellen ÖVP-Riege wird wohl dann die Superkleber-Drüse am Hinterteil entfernt werden.
Gewinnt Hans Peter Doskozil wäre zum zweiten Male (Sinowatz bzw. Vranizky/Steger, 1983-1987) eine SPÖ-FPÖ-Koalition ermöglicht. Kann sich die SPÖ nach der Wahl nicht entscheiden oder bekommt von beiden potentiellen Partnern eine Absage, erwartet uns der Ibiza-FPÖ-ÖVP-Haupttreffer, mit dem schon u.a. Niederösterreich zwangsbeglückt wird. Übrigens wohl auch, wenn die FPÖ die Nase vorne behält.
Teufelskreislauf ohne Ende
Nochmals, keiner österreichischen Partei kann ich guten Gewissens voll zustimmen. Und damit bin ich sicherlich nicht alleine. Aber, bedeutet das nicht, dass es Zeit wird etwas zu verändern? Wussten Sie, dass nirgendwo in der österreichischen Verfassung steht, dass eine Regierung die Interessen der Bevölkerung wahren soll oder gar muss? Einzig und alleine der Begriff Republik deutet dies an, was aber politisch tunlichst negiert wird. Wer ist der Diener? Und wem dient er?
Weiterentwicklung der Demokratie
Was also tun? Abseits dessen, dass unser politisches System „Demokratie“ seit dem Niedergang der Monarchie und danach in der 2. Republik nur unwesentlich weiterentwickelt wurde und Forderungen von außerhalb der verschworenen Parteienriege wenig Chancen auf Umsetzung haben, verlangt es mir nach einer Weiterentwicklung der bisher vorgegaukelten Volksherrschaft. Es muss nicht unbedingt die Direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild werden. Wie wäre es etwa mit einer notwendigen Wahlbeteiligung, deren Nicht-Erreichen neuerliche Wahlen verlangt? Wählen bis zum Nimmerleinstag, bis endlich Vernunft oder klare Verhältnisse einkehren. Oder das Recht des Volkes eine Regierung während einer Legislaturperiode abwählen zu können. Oder zur Eindämmung des Populismus: Strafzahlungen für jedes nicht umgesetztes Wahlversprechen?
Eines steht fest: Nicht nur ich habe es satt zwischen Not und Elend entscheiden zu müssen. Alleine wählen zu dürfen, reicht heute nicht mehr. Unsere gemeinsame Forderung muss die Weiterentwicklung der Demokratie sein. Erst dann dürfen wir auch tatsächlich von Demokratie sprechen und zuversichtlich in die Zukunft blicken.