„Ich werde meine Boxershorts live im TV essen, sollte es sich als wahr herausstellen, dass Neutrinos die Lichtgeschwindigkeit gebrochen haben!“ twitterte der britische Kernphysiker Jim Al-Khalili 2011. Da standen sie zum ersten Mal in der Kritik, die winzigen ungeladenen Elementarteilchen, die durch den Weltraum rasen und quasi überall zu finden sind.
Billiarden durchqueren in einer Sekunde unseren Körper, 5000 strahlen wir pro Sekunde ab, weil im Körper Bleiatome zerfallen. Als das „Opera“-Team am Cern der Europäischen Organisation für Kernforschung aber Messergebnisse präsentierte, die nahelegten, dass manche Elementarteilchen schneller als das Licht sein könnten – da war der Spaß vorbei. Weltweit reagierten Physiker fassungslos. Die Geschichte entpuppte sich ein Jahr später als falsches Messergebnis.
Die Geschichte der Neutrinos fing damit aber erst richtig an. Denn drei Jahre später, 2015, erhielten der Japaner Takaaki Kajita und der Kanadier Arthur McDonald den Physik-Nobelpreis für eine ebenfalls neue Erkenntnis: Die Teilchen besitzen eine Masse. Das macht sie noch spannender, als sie davor schon waren.
Neutrinos: Multitalentierte Teilchen
„Die Physiker John Learned, Sandip Pakvasa und und Tony Zee haben vorgeschlagen, Neutrinos zur Kommunikation mit anderen Sternensystemen in der Milchstraße zu verwenden oder zur Suche nach anderen Zivilisationen“, schreibt Heinrich Päs in „Neutrinos: Die perfekte Welle“ (Springer 2017). Patrick Huber vom Center for Neutrino Physics in Virginia hat eine Option gefunden, wie U-Boote dank Neutrinos auch abgetaucht kommunizieren können. Und Neutrino Inc., ein amerikanisch-deutsches Unternehmen, will aus Neutrinos sogar Energie gewinnen, die dann zum Antrieb von Elektroautos verwendet wird. In Zukunft werden wir problemlos 2.000 Kilometer damit fahren – ohne Aufladung versteht sich, weil der Strom der leichten Elementarteilchen ja nie abreißt.
Dessen ist sich Holger Thorsten Schubart, einstiger Immobilienmakler, sicher. Er ist der Mann, der hinter dem deutschen Ableger der Akkukraft steht, die quasi aus dem Nichts kommt. Von der aktuellen Elektromobilität hält er wenig: „So wie es jetzt läuft, ist das Modell der Elektroautomobilität doch eine Verdummung der Bevölkerung und sofern der Strom nicht alternativ erzeugt wurde, ein Betrug zum Nachteil von Umwelt und Verbraucher und völlig am Bedarf vorbei.“ Damit ein derzeitiges Elektroauto 100 km fahren könne, müssten irgendwo in einem Kraftwerk 10, 20 oder 30 Liter Öl oder andere fossile Brennstoffe verbrannt werden, und die Energie daraus würde dann noch über hunderte Kilometer transportiert, sagt der Neutrino Deutschland GmbH Geschäftsführer.
Eine unendliche Zahl als Fahrzeug
Schubarts Auto-Lösung heißt „π1“ (Pi = die unendliche Zahl) und beruht auf einer autarken Konzeption: „Im Grunde genommen arbeiten wir an einem Solarfahrzeug ohne Reichweitenbegrenzung.“ Der Unterschied zu der herkömmlichen bekannten Solartechnik, sprich Photovoltaik? „Dass wir nicht den sichtbaren Bereich des Strahlungsspektrums der Sonne verwenden, sondern insbesondere das nicht sichtbare Strahlungsspektrum, und das 24 Stunden täglich auch bei völliger Dunkelheit.“
Der gesamte Rahmen und die Karosserie von Pi – die künftig aus dem 3D-Drucker kommen sollen, bestehen aus hochverdichteten Kohlenstoff Derivaten und sollen zum Energiewandler dieser Strahlungsenergie werden. So lautet jedenfalls der Plan. Aber reicht die Neutrino-Energie während der Beschleunigung oder bei Volllastfahrten wirklich aus? Das kann Schubart freilich nicht garantieren. „In diesen Fällen wird anfänglich noch mehr Energie verbraucht, wie in der Zelle gewandelt werden kann“, sagt er und fügt hinzu, dass deshalb am Beginn noch kleinere herkömmliche Batterien eingesetzt würden.
„Nicht plausibel“
Befragt man allerdings Physiker zum Thema technische Nutzung von Neutrino Strahlung fallen wiederholt die Worte „unbekannt und physikalisch nicht plausibel.“ Der Grund: Neutrinos wechselwirken so gut wie nicht mit der Materie. Selbst der experimentelle Nachweis von Neutrinos sei deshalb ein extrem aufwändiges Unterfangen. Stefan Recksiegel, Physiker an der Technischen Universität München, erklärt beispielsweise: „Den größten Neutrino-Fluss auf der Erde bekommt man in der Nähe von starken Kernreaktoren. Aber selbst dort sieht man in tonnenschweren Reaktoren nur ein paar Hundert Reaktionen pro Tag. Das sind ganz viele Größenordnungen zu wenig, um auch nur eine LED leuchten zu lassen, vom Aufladen von Akkus ganz zu schweigen.“
Schubart stören seine Kritiker nicht, im Gegenteil, sein Slogan lautet: „We change history again“. Weil Superlative alleine aber keine Autos bewegen und der für Herbst 2017 versprochene umgebaute mit Neutrinopower angetriebene Trabant bis Redaktionsschluss nirgends gesichtet wurde, dürfen sich geneigte Elektrofahrzeug-Fans derweil gern derweil noch anderweitig orientieren.
Anti Aging und fünf Minuten Ladung
Wer etwa sein Elektro-Auto beispielsweise in nur fünf Minuten laden will, der ist beim israelischen Startup Storedot richtig. Dessen Flashbattery-Technologie setzt bei dem speziellen Akku auf Nanomaterialien und organische Verbindungen, die laut Eigenangabe noch nie in Batterien eingesetzt worden sind und sicherer sein sollen als die üblichen Lithium-Ionen-Akkus. Bei der Cube Tech Fair in Berlin 2017 zeigte das Unternehmen, wie´s geht und allem voran dass es geht. In drei Jahren will man mit den ersten Elektroautos auf den Markt kommen. Für Öko-Fans könnte die „Ryden Dual Carbon Battery“ von Power Japan Plus etwas sein. Die Anode und Kathode der Akkus bestehen aus biologisch hergestelltem Carbon und auch das Elektrolyt ist eine organische Chemikalie. Schwermetalle, wie in konventionellen Batterien, gibt es darin nicht, die Batterie ist biologisch abbaubar, lädt etwa zwanzig Mal schneller, altert dafür aber um einiges langsamer. Anti Aging 2.0 sozusagen.