Es ist die erste deutschlandweite LSBT* Jugendstudie dieser Art: „Coming-out und dann…?!“ ist ein Forschungsprojekt aus dem DJI aus München, von Frau Claudia Krell, Kerstin Oldemeier und unter Mitarbeit von Sebastian Müller. Das Ziel des Projektes ist es herauszufinden, wie das Coming-out von Jugendlichen verläuft und wie die damit verbundenen positiven und negativen Erfahrungen in verschiedenen Kontexten aussehen. Dabei wurden in einer online-Befragung und Interviews über 5.000 LSBTQ* Jugendliche im Alter zwischen 14 und 27 Jahren zu Themen wie dem Zeitpunkt und Verlauf des inneren und äußeren Coming-out, aber auch zu unterstützenden und diskriminierenden Erfahrungen befragt.
Innere Coming-out
Das innere Coming-out, also die Bewusstwerdung über die geschlechtliche Zugehörigkeit oder sexuelle Orientierung, begann für den größten Teil der Jugendlichen zwischen 13 und 16 Jahren. Ein Teil der Jugendlichen berichtet, dass es ihnen an Begrifflichkeiten und Informationen fehlte, um ihre nicht-hetero-normativen Empfindungen beschreiben zu können. Die Unsicherheit über das Coming-out führt vielfach zu Belastungen durch jahrelange Unterdrückung oder Ängsten, wie beispielsweise die Angst davor, nie eine glückliche Beziehung/eigene Familie haben zu können. Eine große Rolle spielt auch die Angst vor Ablehnung des engen Kreises – drei Viertel (74%) befürchten von Freund_innen abgelehnt zu werden. Dicht darauf folgen die Ängste vor der Reaktion der Eltern mit 69%.
Coming-out-Prozess
Für viele Jugendliche spielen die Medien im Coming-out-Prozess eine wichtige Rolle. Durch das Internet können viele zu einem Zeitpunkt, an dem sie noch mit niemandem „darüber“ sprechen können/wollen anonym und heimlich Informationen recherchieren um passende Begriffe für ihr Empfinden zu bekommen, über Erfahrungen und Lebenssituationen von anderen LSBT* Jugendlichen zu lesen oder sich zu engagieren und aktiv zu werden. Auf der anderen Seite bieten die Medien aber auch eine unüberschaubare Flut von Informationen, die die Recherche nach Beratungsangeboten oder Informationen erschweren können. Darüber hinaus gibt es Begegnungen mit sexualisierten Webinhalten, vor allem zu lesbischer Sexualität oder weiblichen Bisexualität.
Äußeres Coming-out
Viele Jugendliche berichten, dass sich über die Zeit ein enormer Handlungs- und Leidensdruck aufbaut, der letztendlich zum Coming-out führt. Dabei ist das durchschnittliche Alter rund 17 Jahre. In manchen Fällen kann sich die Zeit zwischen dem inneren und äußeren Coming-out über viele Jahre ziehen. Einer der auffälligsten Begründungen für das erste Coming-out ist das Bedürfnis, über die eigenen Gefühle sprechen und sich künftig nicht mehr verstellen zu müssen. Die Reaktion auf das erste Coming-out, das meistens im Freundeskreis stattfindet, wird von überwiegend vielen Jugendlichen als positiv bewertet – dies steht ganz im Gegensatz zur großen Befürchtung vor der Ablehnung des Freundeskreises, das vor dem Coming-out stattgefunden hat. Bei der Familie akzeptieren viele Jugendliche, dass die Eltern nach einem Coming-out Zeit brauchen, um sich auf die neue Situation einzustellen.
Was hilft?
In der Studie wurde unter anderem auch untersucht, was beim äußeren Coming-out geholfen hat. Neben der Nutzung der Medien spielt der Freundeskreis der Jugendlichen eine wichtige Rolle, damit über die Gefühle gesprochen werden kann. Hilfreich ist es auch, wenn Kontakt zu anderen LSBT* Jugendlichen besteht, um sich auszutauschen. Um in Zukunft die von 82% der befragten Jugendlichen erlebten Diskriminierung in unterschiedlichen Kontexten zu vermeiden, sollten in der Schule, Hochschule und Arbeit Vielfalt gefördert werden – beispielsweise durch Aufklärungsprojekte oder Weiterbildungen. Digitale Medien müssen mit Angeboten ausgebaut werden und die Gesellschaft sollte weiterhin informiert und gefordert werden.
Photo by Josè Maria Sava on Unsplash
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