Der Staat setzt sich Ziele. Das wars aber auch schon. Denn trotz Staatszielen „umfassender Umweltschutz“ (1984) und „Nachhaltigkeit“ (2013) braucht es ein Klimavolksbegehren – und immer wieder den Verfassungsgerichtshof.
Putschartig wurde 2018 und auch im darauffolgenden Jahr versucht ein neues Staatsziel „wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort“ in Österreich in den Verfassungsrang zu heben. Anlass war der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichtes im Jahr 2017, der den Antrag des Flughafen Wiens auf Errichtung einer dritten Piste abgelehnt hat – u.a. aus Umweltschutzgründen. Mit dem Wirtschaftsstandort in der Verfassung hätte dieser Vorrang – wohl vor so ziemlich allem. Dank des Drucks der heimischen Zivilgesellschaft wurde der Plan zum neuen Staatsziel Österreichs abgesagt.
Die dritte Landepiste hat trotzdem grünes Licht bekommen: Die Umweltverträglichkeitsprüfung wurde nun doch positiv abgeschlossen. Und abseits der bisher gescheiterten Klimaschutz-Strategie: Was ist eigentlich mit den Staatszielen Österreich?
Staatsziele sind eigentlich verpflichtend
Anlässlich des vorangegangenen Artikel über Kollektivismus durfte freilich ein Überblick über die Staatsziele Österreichs nicht fehlen. Allerdings: Selbst im Internet wurden wir auf der Suche nach einer aktuellen Aufstellung dieser nicht fündig. Auf Anfrage hat uns der Medienservice der Parlamentsdirektion ein interessantes Fachdossier zugesendet. Dass dieses offenbar als Infobroschüre für das anfangs angesprochene Wirtschaftsstandort-Staatsziel erstellt wurde, soll uns nicht weiter stören.
Viel interessanter die Feststellungen darin: „Die Aufgabe von Verfassungen war weitgehend darauf beschränkt, die Staatsorganisation und die Rechte Einzelner im Staat zu sichern. Diese Auffassung hat sich jedoch in der Praxis der Verfassungsgebung in nahezu ganz Europa seit den 1970er-Jahren verändert. […] Rechtsprechung und Wissenschaft haben darauf reagiert, indem man Grundprinzipien von Verfassungen herausgearbeitet hat. Ebenso hat man gezeigt, dass Grundrechte nicht nur den Einzelnen gegenüber dem Staat schützen. Sie verpflichten auch den Staat für die Rahmenbedingungen zu sorgen, die es braucht, um diese Rechte wahrnehmen zu können. Staatsziele sind rechtlich verbindlich. Sie verpflichten die Staatsorgane zu einem bestimmten Handeln.“
Staatsziele: eine große Illusion?
Nun könnte wohl als vielleicht naiver Staatsbürger zu Recht angenommen werden, dass der Staat und seine demokratisch gewählte Regierung die festgelegten Ziele entsprechend verfolgt und in Handeln und Gesetzgebung berücksichtigt.
Die Realität zeigt aber, dass erst ein Einspruch des Verfassungsgerichtshofes (VfGH ) notwendig ist, um einen Widerspruch zur Verfassung aufzudecken. Ein Ereignis, das sich zu häufen scheint. Zurecht stellt auch das Dossier der Parlamentsdirektion die Frage – in Bezug auf die Gründe von Staatszielen: „Staaten sind nur mehr einzelne Akteure von vielen. Internationalen Organisationen oder großen Wirtschaftsunternehmen wird teilweise mehr Macht und Einfluss zugeschrieben. Damit stellt sich die Frage, welche Aufgaben demokratischen Staaten noch zukommen.“
Wenn also die Staatsziele die „neuen“ Aufgaben der Staaten sind, warum werden diese schon beinahe negiert? Warum braucht es ein Klimavolksbegehren, wenn Österreich doch über gleich zwei passende Staatsziele verfügt?
Dazu und zum Thema dritte Landepiste die Haltung der Parlamentsdirektion: „Die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts haben sich in ihrer bisherigen Rechtsprechung mehrmals mit dem Staatsziel Umfassender Umweltschutz bzw. Nachhaltigkeit befasst. In seiner Entscheidung zur 3. Piste am Flughafen Wien hat der VfGH ausdrücklich auf seine lange Tradition Bezug genommen, das Bundesverfassungsgesetz Umweltschutz BVG) zur Prüfung von Gesetzen und Verordnungen heranzuziehen.“
Und weiter: „Der VfGH betonte, dass aus diesem Staatsziel kein absoluter Vorrang von Umweltschutzinteressen gegenüber anderen Entscheidungskriterien abgeleitet werden könne, die die Verwaltung zu beachten habe. Es sei jedoch verfassungsrechtlich geboten, den umfassenden Umweltschutz bei der Interpretation der Interessen, die nach dem Luftfahrgesetz (LFG) wahrzunehmen seien, einzubeziehen. Ebenso müsse das auch bei der nachfolgenden Gewichtung dieser Interessen erfolgen. Diese Einbeziehung könne aber nicht jene Interessen, die nach dem LFG zu beachten seien, erweitern. Das war einer der Gründe, weshalb der VfGH die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die Genehmigung der 3. Piste aus Klimaschutzgründen zu versagen, aufhob.“
INFO: Die Staatsziele Österreich
Gleichbehandlung von Behinderten – Art 7 Abs 1 B-VG 1997
Gleichbehandlung von Mann und Frau – Art 7 Abs 2 B-VG 1998
Schutz der Volksgruppen – Art 8 Abs 2 B-VG 2000
Umfassende Landesverteidigung – Art 9a B-VG 1975
Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht – Art 13 Abs 2 B-VG 1987
Tatsächliche Gleichstellung von Mann und Frau bei der Haushaltsführung des Bundes, der Länder und Gemeinden – Art 13 Abs 3 B-VG 2009
Sozialpartnerschaft – Art 120a Abs 2 B-VG 2008
Bildung – Art 17 StGG 1867, BGBl 210/1958
Immerwährende Neutralität – BVG vom 26. Oktober 1955
Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung – BGBl 152/1955
Rundfunk als öffentliche Aufgabe – Art 1 BVG Rundfunk 1974
Umfassender Umweltschutz – BVG 1984-2013
Nachhaltigkeit – § 1 BVG Nachhaltigkeit 2013
Tierschutz – § 2 BVG Nachhaltigkeit 2013
Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung – §§ 4 und 5 BVG Nachhaltigkeit 2013
Forschung – § 6 BVG Nachhaltigkeit 2013
Quelle: Palamentsdirektion
Wäre eine Umfrage wert: „Haben Sie den Eindruck, dass die österreichische Politik die österreichischen Staatsziele durch ihre Arbeit anstrebt?“ Ein Beispiel: So rettete Österreich im Zuge der Coronakrise die Fluglinie AUA.
jadi tujuan dari terbentuknya negara austria itu apa ya?
Artikel tersebut membahas tujuan nasional yang telah ditetapkan Austria, tetapi tidak benar-benar terpenuhi.
The article deals with the national goals that Austria has set, but which are not really met.