von Martin Auer
Wenn die Militärs der Welt ein Land wären, hätten sie den viertgrößten CO2-Fußabdruck, größer als der Russlands. Eine neue Studie von Stuart Parkinson (Scientists for Global Responsiblity, SGR) und Linsey Cottrell (Conflict and Environment Obervatory, CEOBS) ergibt, dass wahrscheinlich 5,5 % der globalen CO2-Emissionen den Militärs der Welt zuzurechnen sind1.
Die Daten für militärische Treibhausgasemissionen sind oft unvollständig, sie werden in allgemeinen Kategorien versteckt, oder gar nicht erst erhoben. Scientists for Future haben über diese Problematik schon berichtet. In den Berichten der Länder gemäß der Klimarahmenkonvention UNFCCC klaffen große Lücken. Das ist, so meinen die Autor:inen der Studie mit ein Grund, warum die Klimawissenschaft diesen Faktor großteils übersieht. Im aktuellen, sechsten Sachstandsbericht des IPCC wird der Beitrag des Militärs zum Klimawandel kaum behandelt.
Um die Bedeutung des Problems darzustellen, verwendet die Studie die verfügbaren Daten einer kleinen Zahl von Staaten, um daraus auf die Gesamtheit der militärischen Treibhausgase zu schließen. Damit verknüpft ist die Hoffnung, mehr und genauere Studien in aller Welt anzustoßen, und ebenso Anstrengungen, den militärischen Treibhausgas-Ausstoß zu verringern
Damit man sich vorstellen kann, wie die Forschenden von SGR und CEOBS zu ihren Ergebnissen gekommen sind, folgt hier eine grobe Skizze der Methode. Die detaillierte Darstellung findet sich hier.
Zu den Treibhausgas-Emissionen stehen für die USA, Großbritannien und einige EU-Staaten Daten in begrenztem Umfang zur Verfügung. Zum Teil wurden sie direkt von militärischen Stellen bekanntgegeben, zum Teil durch unabhängige Forschung ermittelt.
Als Ausgangspunkt nahmen die Forschenden die Anzahl aktiven Militärpersonals pro Land bzw. pro Weltregion. Diese werden jährlich vom Internationalen Institut für strategische Studien (IISS) erhoben.
Von den USA, Großbritannien und Deutschland sind relativ verlässliche Zahlen zu den stationären Emissionen (also aus Kasernen, Büros, Rechenzentren usw.) pro Kopf vorhanden. Für Großbritannien etwas sind das 5 t CO2e pro Jahr, für Deutschland 5,1 t CO2e und für die USA 12,9 t CO2e. Da diese drei Länder zusammen schon für 45 % der globalen Militärausgaben verantwortlich sind, sehen die Forschenden diese Daten als brauchbare Basis an, um davon zu extrapolieren. In die Schätzungen gehen der jeweilige Industrialisierungsgrad ein, der fossile Anteil am Energieverbrauch, und die Anzahl von Militärbasen in klimatisch extremen Regionen, die mehr Energie für Heizung oder Kühlung benötigen. Die Ergebnisse für die USA werden als typisch auch für Kanada, Russland und die Ukraine angesehen. Für Asien und Ozeanien werden 9 t CO2e pro Kopf angenommen, ebenso für den nahen Osten und Nordafrika. Für Europa und Lateinamerika werden 5 t CO2e angenommen und für Subsahara-Afrika 2,5 t CO2e pro Kopf und Jahr. Diese Zahlen werden dann mit der Anzahl des aktiven Militärpersonals in den jeweiligen Regionen multipliziert.
Für einige wichtige Länder kann man auch das Verhältnis von stationären zu mobilen Emissionen feststellen, also zu Emissionen von Flugzeugen, Schiffen, U-Booten, Landfahrzeugen und Raumfahrzeugen. So betragen zum Beispiel in Deutschland die mobilen Emissionen nur 70 % der stationären, während in Großbritannien die mobilen Emissionen 260 % der stationären betragen. Mit diesem Faktor lassen sich also die stationären Emissionen multiplizieren.
Als letzter Beitrag kommen nun die Emissionen aus den Lieferketten dazu, also aus der Erzeugung militärischer Güter, von Waffen über Fahrzeuge bis zu Bauten und Uniformen. Hier konnten sich die Forschenden zum Beispiel auf Angaben der international aktiven Rüstungsfirmen Thales und Fincantieri stützen. Dazu kommen allgemeine Wirtschaftlichsstatistiken, aus denen für verschiedene Bereiche das Verhältnis von operativen Emissionen zu Emissionen aus den Lieferketten hervorgeht. So gehen die Forschenden davon aus, dass die Emissionen aus der Erzeugung der verschiedenen militärischen Güter 5,8-mal so hoch sind wie die operativen Emissionen des Militärs.
Daraus ergibt sich laut der Studie ein CO2-Fußabdruck des Militärs zwischen 1.644 und 3.484 Millionen Tonnen CO2e, bzw. zwischen 3,3 % und 7,0 % der globalen Emissionen.
Diese Zahlen enthalten nicht die Treibhausgasemissionen durch Kriegshandlungen wie Brände, Schäden an Infrastrukturen und Ökosystemen, Wiederaufbau und medizinische Versorgung von Überlebenden.
Die Forschenden betonen, dass die militärischen Emissionen zu jenen gehören, die eine Regierung über ihre Militärausgaben, aber auch durch Vorschriften unmittelbar beeinflussen kann. Doch dazu müssen militärische Emissionen erst einmal gemessen werden. Das CEOBS hat dazu ein Rahmenwerk für die Erfassung militärischer Emissionen im Rahmen des UNFCCC ausgearbeitet .
Titelmontage: Martin Auer
1 Parkinson, Stuart; Cottrell; Linsey (2022): Estimating the Military’s Global Greenhouse Gas Emissions. Lancaster, Mytholmroyd. https://ceobs.org/wp-content/uploads/2022/11/SGRCEOBS-Estimating_Global_MIlitary_GHG_Emissions_Nov22_rev.pdf
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