Tourismus ist ein starker Zweig in Österreichs Wirtschaft, in manchen Regionen blüht das Geschäft mit dem Urlaub gar als wirtschaftliche Monokultur. Die Folgen der Pandemie sind entsprechend fatal. Bedeutet: Machen Sie Urlaub in Österreich, aber bitte ökologisch.
Der Tourismus ist ein wichtiger Motor für unsere Wirtschaft – der letzten Sommer stotternd wieder in Gang kam, nun aber seit geraumer Zeit mehr oder weniger ganz still steht. Das trifft nicht nur die Hochburgen des Massentourismus hart, auch Regionen und Anbieter, die umfassender und nachhaltiger denken, sind schwer betroffen. Wir haben uns umgehört, wie die Stimmung ist – und die Antworten lassen nur ein Fazit zu: Wer 2021 Urlaub macht, bleibt am besten in Österreich und trägt seinen Teil dazu bei, zu retten, was noch zu retten ist.
Corona und Bio-Tourismus: Von hundert auf Null
„Nach der ersten Schockstarre im Frühjahr des vorigen Jahres haben sich unsere Bio Hotels auf den Sommer vorbereitet. Die entwickelten Hygienekonzepte haben sehr gut funktioniert und viele Betriebe hatten eine sehr gute Saison. Wir verzeichneten einen schönen Anstieg an neuen Gästen, die bewusst aufgrund der Situation ein Bio Hotel gesucht haben“, berichtet Marlies Wech, Geschäftsführerin der Marke Bio Hotels, mit 14 Häusern in Österreich, „Schwierig war und ist es für die Stadthotellerie: Fehlende Messen und Kongresse, deutlich weniger Geschäftsreisende und kaum Tagungen führen zu einer schlechten Auslastung. Das geht an die Substanz. Auch der Totalausfall der Wintersaison wird Auswirkungen haben, sechs Monate ohne Umsatz können nicht spurlos an einem Unternehmen vorbei gehen.“
Für die kommende Sommersaison gibt sich Wech zuversichtlich, auch denkt sie, dass das Thema ‚Nachhaltig Reisen‘, bei dem die Bio Hotels zu den Pionieren zählen, wieder an Fahrt aufnehmen wird. Ein generelles Problem liegt ihr allerdings im Magen: Der Fachkräftemangel in der Gastronomie und Hotellerie wurde durch die Pandemie beschleunigt, da reihenweise Mitarbeiter endgültig die Branche gewechselt haben. Magdalena Kessler, vom Bio Hotel Chesa Valisa im Kleinwalsertal: „Für uns war von Anfang an klar, dass uns Corona noch länger begleitet. So haben wir die Maskenpflicht auch im Sommer beibehalten. Derzeit nutzen wir die Zeit für Schulungen unserer Mitarbeiter, allen voran unserer Lehrlinge. Wir erwarten einen massiven Fachkräftemangel für die Zeit nach der Pandemie.“
Von allen Seiten getroffen
„Wir haben Corona als volle Breitseite erlebt. Man könnte auch sagen, wir haben den Jolly-Joker gezogen, zumal mein Mann bei Retter-Events und Retter-Reisen rund 120 Mitarbeiter beschäftigt und die Unternehmen seit einem Jahr quasi stehen“, tut sich Ulrike Retter vom gleichnamigen Hotel im steirischen Pöllauberg gerade ein wenig schwer, fröhlich zu bleiben, „Im Hotel hatten wir gleich nach der Wiedereröffnung Ende Mai eine sehr gute Buchungslage, da die Suche bei den Urlaubshungrigen nach weitläufigen Hotels inmitten der Natur besonders groß war. Zugute kamen uns auch die 100-Prozent-Bio-Zertifizierung.“
Hart getroffen wurden die Retters dann vom neuerlichen Lockdown, alle für das erste Halbjahr 2021 geplanten Seminare und Tagungen sind weggebrochen, Ulli Retter: „Das Schlimmste für uns ist, dass wir derzeit noch keine Öffnungsperspektive für unsere Urlaubsgäste haben, manche haben schon fünf Mal umgebucht, in sehnsüchtiger Erwartung. Wir haben jetzt beschlossen, unser Hotel im April wieder für Seminar- und Firmengäste zu öffnen, unter Einhaltung aller gesetzlichen Vorgaben. Die Auslastung wird sich kaum rechnen, doch als tief in der Region verwurzelter Arbeitgeber – 90 Prozent unserer Mitarbeiter kommen aus der näheren Umgebung – müssen wir dafür sorgen, dass unsere Mitarbeiter auch eine Zukunftsperspektive haben. Ohne Gäste schaffen wir das nicht.“
Kleine Strukturen
Der Österreichische Alpenverein, der mit seinen Bergsteigerdörfern ein Modell für sanften Tourismus geschaffen hat, hat sich mit der Frage beschäftigt, ob die kleineren Strukturen, wie sie eben in den Bergsteigerdörfern vorhanden sind, in der Krise von Vorteil sind und sie widerstands- und anpassungsfähiger, also resilienter, sind als größere. Dazu lud man zu einer virtuellen Tagung mit den beiden Experten Tobias Luthe und Romano Wyss von der Mountain Research Initiative. Das Fazit: Nur dort, wo es gelingt mit den lokalen Akteuren eine Vision, einen gemeinsamen Weg, Kooperationen und innovative Lösungen voranzutreiben, können Anpassungen bewusst gestaltet und die Impacts großer Krise besser abgefedert werden.
„Diversität, eine gewisse Reichweite und Kooperation sind die zentralen Faktoren für ein zukunftsfähiges Zusammenleben in den Alpen, in denen der Tourismus ein nicht wegzudenkender Wirtschaftszweig ist“, fasst Marion Hetzenauer vom Alpenverein zusammen, „Ein anderer Zugang zum Tourismus hat sich also als wichtig erwiesen. Allerdings: wenn so gut wie gar kein Tourismus mehr möglich ist, stoßen auch diese Strukturen mit vergleichsweiser hoher Flexibilität an ihre Grenzen. Auch die Bergsteigerdörfer spüren Einbrüche und einige Tourismusbetriebe werden vermutlich nicht wieder auf die Beine kommen.“
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Österreich-Tourismus in Zahlen
46, 2 Mio. Gäste – gut zwei Drittel davon aus dem Ausland – haben uns 2019 satte 152,7 Mio. Übernachtungen beschert (eine Steigerung gegenüber 2018 von 3 bzw. 1,9 Prozent). An erster Stelle der Herkunftsländer steht Deutschland mit 57 Mio., an zweiter Österreich mit 40 Mio. und die Bronzemedaille geht an die Niederlande mit 10 Mio. Nächtigungen. Die Sommersaison hat dabei leicht die Nase vorn (79 Mio. Nächtigungen).
Auch in der Reiseverkehrsbilanz verzeichnete man ein Wachstum: Sowohl die Einnahmen (das, was die ausländischen Gäste bei uns ausgeben) als auch die Ausgaben (das, was die Österreicher im Ausland ausgeben) erreichten mit nominell 22,6 Mrd. Euro (plus 5,4 Prozent) bzw. 12,4 Mrd. Euro (+ 2,2 Prozent) neue historische Höchstwerte – und einen satten Überschuss von rund 10,2 Mrd. Euro.
Österreich liegt damit bei den Pro-Kopf-Ankünften europaweit an 3. Stelle, im weltweiten Ranking auf Platz 27. Die Wertschöpfung aus dem Tourismus betrug 7,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. 5,7 Prozent der Erwerbstätigen sind direkt im Tourismus beschäftigt, 7,8 Prozent der Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt am Tourismus.