GLOBAL 2000 begrüßt, dass Umweltbelange und die Notwendigkeit eines strengen Zulassungsverfahrens für Neue Gentechnik (NGT) Pflanzen heute im Umweltrat auf der Tagesordnung stehen. “Das ist dringend notwendig, denn bisher hört die EU-Kommission gefährlich gut auf die Industrie und gefährlich wenig auf Umweltschutzorganisationen, Konsument:innen und Bäuer:innen”, stellt Brigitte Reisenberger, Gentechnik- und Landwirtschaftssprecherin von GLOBAL 2000 fest. Die Europäische Kommission wird Anfang Juni 2023 einen Gesetzesvorschlag für Neue Gentechnik vorlegen. Derzeit sind sowohl Alte als auch Neue Gentechnik im EU-Gentechnikrecht reguliert, es gibt klare Vorschriften für Kennzeichnung, Risikobewertung und Zulassung vor dem Inverkehrbringen aller gentechnisch veränderten Organismen (GVO). Ein zentraler Schritt am Weg zu einer potentiellen neuen Gesetzgebung war die von der Europäischen Kommission durchgeführte Konsultation von Öffentlichkeit und Stakeholdern. Ein von Friends of the Earth Europe – GLOBAL 2000 ist österreichisches Mitglied der Umweltdachorganisation – durchgeführter Vergleich dieser Konsultation mit Strategiedokumenten der Lobbygruppe Euroseeds zeigt an zentralen Stellen weitreichende Parallelen. “Dieses voreingenommene Vorgehen der EU-Kommission würde einen kritischen neuen Präzedenzfall für konzerngesteuerte Gesetzgebung schaffen, welche die Umwelt bedroht und das Recht der Bäuer:innen und Konsument:innen auf Wahlfreiheit schwächt. Eine derartig befangene EU-Konsultation darf keine Basis für einen Gesetzesvorschlag sein.” so Brigitte Reisenberger, Expertin für Landwirtschaft und Gentechnik bei GLOBAL 2000. Anhand von drei zentralen Beispielen wurden die Parallelen in der Analyse aufgearbeitet: Weitreichende Ausnahmen für NGT-Pflanzen: In ihrem Strategiepapier beschreibt die Lobbygruppe Euroseeds, die insbesondere die Chemie- und Saatgutkonzerne Bayer, BASF und Syngenta vertritt, wie die Deregulierung bestimmter GVO aussehen soll. Sie spricht sich dafür aus, dass NGT-Pflanzen aus „gezielter Mutagenese und Cisgenese“, die (ihrer Meinung nach) genauso sicher seien wie konventionell gezüchtete Pflanzen, von der derzeitigen EU-weiten GVO-Verordnung auszunehmen seien. Genau das will die EU-Kommission nun in ein neues Gesetz aufnehmen. Eine Frage der Konsultation kopiert direkt das Argument der Industrie, dass Neue Gentechnik nicht nachgewiesen werden könnte, während keine einzige Frage nach einer strengen Risikobewertung für neue GVO fragt. Mit dieser Ausnahme wäre die Rückverfolgbarkeit von Neuen Gentechnik-Pflanzen in der Lebensmittelkette für Landwirt:innen und Konsument:innen passé. Aus für GVO-Kennzeichnung: Die Konsultation bot keine Optionen für Rückmeldungen, die das derzeitige Transparenzsystem durch GVO-Kennzeichnung erhält. Eine Beibehaltung der aktuellen Kennzeichnungsvorschriften nach EU-Gentechnikrecht war keine Antwortmöglichkeit. Dieser Ausschluss von Neuer Gentechnik aus der GVO-Kennzeichnung ist eine Forderung, die Euroseeds bereits in ihrem Beitrag zu einer früheren Konsultation erhoben hat. Unbelegte Nachhaltigkeitsversprechen: Vier der elf Multiple-Choice-Fragen der Konsultation gehen in einseitiger Weise der Frage nach, wie die Nachhaltigkeit Neuer Gentechnik-Pflanzen gefördert werden sollte. Weltweit sind keine NGT-Pflanzen, die nachweislich Treibhausgasemissionen oder den Pestizideinsatz verringern würden, auf dem Markt oder marktreif. Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise für die Nachhaltigkeit von NGT-Pflanzen. Ganz im Gegenteil: Forschungsergebnissen zufolge werden NGT-Pflanzen den Pestizideinsatz nicht verringern, einige sind sogar darauf ausgelegt, ihn zu erhöhen. Die Formulierungen der EU-Kommission ähneln den vollmundigen Marketingversprechen der Lobbygruppen von globalen Pestizid- und Saatgutkonzernen.Die Konsultation der EU-Kommission ging sogar so weit den fiktiven Nachhaltigkeitsbeitrag von weitgehend hypothetischen NGT-Merkmalen „ranken“ zu lassen. |
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