Die EU-Kommission hat heute nach dreimaliger Verschiebung heute endlich den Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz vorgelegt. Die österreichische Zivilgesellschaft fordert, dass Betroffene von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden besser unterstützt werden.
Mit dem heute präsentierten EU-Lieferkettengesetz wurde von der EU-Kommission ein wichtiger Meilenstein gesetzt, um Menschenrechte sowie die Umwelt entlang von globalen Lieferketten zu schützen. “Das EU-Lieferkettengesetz ist ein essentieller Schritt, um das Zeitalter der freiwilligen Selbstverpflichtungen endlich zu beenden. Doch damit Menschenrechtsverletzungen, ausbeuterische Kinderarbeit und die Zerstörung unserer Umwelt nicht mehr an der Tagesordnung stehen, darf die EU-Richtlinie keine Schlupflöcher beinhalten, die es ermöglichen die Regelung zu untergraben”, warnt Bettina Rosenberger, Koordinatorin der Kampagne “Menschenrechte brauchen Gesetze!”, der auch Attac Österreich angehört.
Lieferkettengesetz wird für weniger als 0,2% Prozent der Unternehmen gelten
Das EU-Lieferkettengesetz wird für Unternehmen ab 500 Mitarbeiter:innen und mit einem Jahresumsatz von 150 Millionen Euro gelten. Unternehmen, die diese Kriterien erfüllen, müssen in Zukunft menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten implementieren. Hierbei handelt es sich um eine Risikoanalyse, diese stellt ein wichtiges Instrument zur Prävention von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden dar. Die Richtlinie umfasst die gesamte Lieferkette und alle Sektoren. In Hochrisikosektoren, wie der Bekleidungsindustrie und der Landwirtschaft gilt das Lieferkettengesetz bereits ab 250 Mitarbeiter:innen und einem Umsatz von 40 Millionen Euro. KMUs werden vom Lieferkettengesetz nicht betroffen sein. “Dabei sind weder Anzahl der Mitarbeiter:innen noch Umsatz relevant für die Menschenrechtsverletzungen, die Unternehmen in ihrer Lieferkette verstecken”, reagiert Rosenberger mit Unverständnis.
“Somit wird das EU-Lieferkettengesetz für weniger als 0,2% Prozent der Unternehmen im EU-Raum gelten. Doch Fakt ist: auch Unternehmen, die nicht die vorgegebenen Kriterien erfüllen, können in Menschenrechtsverletzungen involviert sein, Arbeiter:innen ausbeuten und unsere Umwelt zerstören, daher braucht es langfristig Maßnahmen, die alle Unternehmen betreffen”, so Rosenberger.
Zivilrechtliche Haftung wichtig aber Hürden bleiben
Durch die Verankerung der zivilrechtlichen Haftung konnte jedoch ein wesentlicher Fortschritt erreicht werden. Nur mit einer zivilrechtlichen Haftung kann gewährleistet werden, dass Betroffene von Menschenrechtsverletzungen im Globalen Süden auch entschädigt werden. Betroffene können vor einem EU-Gericht eine Klage einreichen. Reine Strafzahlungen gehen an den Staat und stellen keine Abhilfe für Betroffene dar. Eine solche Haftung fehlt derzeit im deutschen Lieferkettengesetz. Dennoch bleiben andere rechtliche Hürden, die im Entwurf nicht berücksichtigt werden, wie hohe Gerichtskosten, kurze Fristen und ein begrenzter Zugang zu Beweisen für die Betroffenen.
“Damit Menschenrechte und Umwelt in globalen Lieferketten wirklich nachhaltig und umfassend geschützt werden, braucht das EU-Lieferkettengesetz noch umfangreiche Nachschärfungen und umfassende Geltung für alle Unternehmen. Die Zivilgesellschaft wird sich in den folgenden Verhandlungen mit EU-Kommission, Parlament und Rat dafür einsetzen”, gibt Bettina Rosenberger einen Ausblick.
Die Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze!“ wird vom Bündnis der Treaty Alliance getragen und fordert ein Lieferkettengesetz in Österreich und in der EU sowie Unterstützung für das UN-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten. Das Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe) koordiniert die Kampagne.