Aktuell läuft ein weltweit einzigartiges Forschungsprojekt im Wohnbau zwischen der BOKU, dem Ingenieurbüro Hofbauer und Treberspurg & Partner Architekten: Ein in Passivhausbauweise errichtetes Doppelhaus in Purkersdorf in Niederösterreich ist mit einer Bauteilaktivierung mit prädiktiver Steuerung ausgestattet, die das Heizen und Kühlen des Gebäudes unter Berücksichtigung von Wetterprognosen regelt.
Die Bauteilaktivierung zeichnet sich dadurch aus, dass der Beton als Energiespeicher genutzt wird. Die Trägheit des Energiespeichers Beton ermöglicht die kostengünstige und effiziente Zwischenspeicherung von Sonnen- und Windenergie. „Ein ganz wichtiges Thema, da das Heizen und Kühlen von Gebäuden in Zukunft ohne fossile Energieträger erfolgen soll“, meint Sebastian Spaun, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie.
Im Forschungsprojekt mit dem Namen „TAB-Scale“ wird nun gemessen, ob sich unter Berücksichtigung von Wetterprognosedaten ein messbarer Vorteil für den Gebäudebetrieb ergibt und wie groß dieser in unterschiedlichen Situationen erwartet werden kann. Dafür werden Informationen über zukünftige Entwicklungen der Außentemperatur und der solaren Einstrahlungsleistung der nächsten 24 bis 48 Stunden verarbeitet. Die Daten werden mit Temperaturfühlern, die in den Stahlbetonwänden einbetoniert sind, erhoben. So kann das Haus rechtzeitig auf die prognostizierte Wetterlage reagieren. Künftig sollen noch weitere Komponenten, wie zum Beispiel Strompreise berücksichtigt werden.
Das in Passivhausbauweise errichtete Haus ist entsprechend dem konstruktiven und energetischen Konzept als Stahlbetonkonstruktion mit hoher Speichermasse ausgeführt. Ziel ist es, die am Haus mittels Photovoltaik und am Grundstück mittels Tiefenbohrungen gewonnene Energie sowie die passive Solarenergie zu nutzen und zu speichern. Das Passivhaus ist nach den Kriterien des solaren Bauens geplant und mit einer Bauteilaktivierung ausgestattet, die sämtliche Heiz- und Kühlfunktionen des Gebäudes übernimmt. Die Energieversorgung für Heizung und Warmwasser erfolgt über eine Wärmepumpe mit Erdreichtiefensonden als Wärmequellen. Ein beträchtlicher Teil des Strombedarfs wird durch eine Photovoltaikanlage am Dach abgedeckt. Neben einer hoch wärmedämmenden Gebäudehülle mit Passivhauskomponenten ist das Gebäude zudem mit einer Wohnraumlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung inklusive Zusatzheizungsfunktion ausgestattet.
Mit hohen Decken und riesigen Fensterfronten sowie einer klugen Raumaufteilung bietet das Doppelhaus ein ausgeklügeltes Wohnkonzept und bestimmt eine hohe Lebensqualität für seine Bewohner*innen. „Mit diesem Forschungsprojekt möchten wir einen wichtigen Beitrag in Bezug auf nachhaltige Gebäude leisten“, so Martin Treberspurg von Treberspurg & Partner Architekten. „Das Gebäude kann als Baustein eines Smart-City-Konzepts gesehen werden, in dem Gebäude nicht nur dezentral Energie produzieren, sondern diese auch speichern können.“ Ziel des Forschungsprojekts ist es, diese zukunftsweisende und kostengünstige Technologie für den mehrgeschoßigen sozialen Wohnbau nutzbar zu machen.
Bild: Treberspurg & Partner Architekten
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