Während auf EU-Ebene bereits die Kreislaufwirtschaftsstrategie 2.0 vorbereitet wird, sind die Unternehmen in den Mitgliedsstaaten noch voll damit beschäftigt die diesbezüglichen Vorgaben aus dem Jahr 2015 umzusetzen. Beim 6. qualityaustria Umwelt- und Energieforum im Schloss Schönbrunn präsentierten Vortragende aus der Wirtschaft und dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) ihre Kreislaufstrategien, damit das Wort „Abfall“ bald endgültig der Vergangenheit angehört. Künftig sollen nur noch möglichst unbedenkliche Materialien eingesetzt werden, die am Ende des Produktzyklus wieder in den Kreislauf zurückgelangen. Dazu muss bereits bei der Entwicklung neuer Produkte darüber nachgedacht werden, wie die Materialien permanent zirkulieren können. Der Fachbegriff dafür: Cradle to Cradle®.
„Kreislaufwirtschaft rangiert ganz weit vorne auf der europäischen Agenda und die EU-Kommission beschleunigt das Thema weiter“, erklärte Axel Dick, Business Developer Umwelt und Energie, CSR bei Quality Austria, in seiner Anmoderation des diesjährigen qualityaustria Umwelt- und Energieforums. Dies gehe auch eindeutig aus einer aktuellen Ankündigung der EU-Kommission zum European Green Deal hervor. Kreislaufwirtschaft sei wesentlich mehr als die Steigerung der Quoten für die getrennte Sammlung von Abfällen. Sie setze vielmehr gesunde und sichere Materialien voraus, um sie wieder Stoffkreisläufe zurückführen zu können. Damit könnte auch ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz und zum Erreichen der Pariser Klimaziele geleistet werden. Kreislauffähigkeit wird ein Megatrend und zu einem neuen Qualitätsverständnis 2030 führen. Aber noch würden wir laut EU-Kommission in einer linearen Welt leben. Denn nur zwölf Prozent der Stoffströme werden derzeit recycliert oder wiederverwendet.
„Cradle to Cradle CertifiedTM ist die einzige Zertifizierung, die Kreislauffähigkeit bestätigt“, betonte Dick. Die Idee hinter dem Cradle to Cradle-Prinzip sei es, von Anfang an in kompletten biologischen und/oder technischen Stoffkreisläufen zu denken, um dadurch erst gar keinen Müll im eigentlichen Sinn entstehen zu lassen. Aktuelle Forschungsergebnisse des Instituts für Integrierte Qualitätsgestaltung und Best Practice Modelle zeigten beim klimaneutralen qualityaustria Umwelt- und Energieforum, welche unterschiedliche Lösungsansätze die Unternehmen derzeit verfolgen und welchen Beitrag Umweltmanagementsysteme leisten können. Kooperationspartner des heurigen Forums waren wieder das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, das Klimaneutralitätsbündnis und erstmals EPEA Switzerland.
Wolfgang Holzer, Leiter der Sektion V – Abfallwirtschaft, Chemiepolitik und Umwelttechnologie im BMNT skizzierte die weiteren Vorhaben in diesem Bereich. „Das Kreislaufwirtschaftspaket der EU war ein erster entscheidender Schritt, dem definitiv noch weitere folgen müssen. Während die Mitgliedstaaten mit der nationalen Umsetzung befasst sind, wird auf EU-Ebene bereits die Kreislaufwirtschaftsstrategie 2.0 vorbereitet.“ Die Umweltfreundlichkeit von Unternehmen, die durch einschlägige Standards und Zertifizierungen dokumentiert wird, werde bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen unweigerlich eine zunehmende Rolle spielen.
Albin Kälin, CEO von der auf Cradle to Cradle spezialisierten Organisation EPEA Switzerland, räumte mit allfälligen Missverständnissen auf: „Cradle to Cradle-Design definiert und entwickelt kreislauffähige Produkte. Als Differenzierung zum konventionellen Recycling bleibt die Qualität der Rohstoffe über mehrere Produktlebenszyklen erhalten und es werden ausschließlich als sicher bewertete Chemikalien eingesetzt.“ Kälin ortet in der Verpackungsindustrie große Probleme, denn sie würde mehr Chemikalien einsetzen als andere Branchen. „Die Kreislauffähigkeit ist in dieser Branche kaum gegeben – jedenfalls nicht im Sinne von Cradle to Cradle. Wir sehen hier ein Riesenpotenzial, Lösungen zu erarbeiten und zu implementieren“, so der Experte. Die Politik gehe mit riesigen Schritten beim Thema „Circular Economy“ bzw. Kreislaufwirtschaft voran, weshalb die Gefahr für die Industrie bestehe, dass sie überfordert werde und in der Transformation nicht mithalten könne. Plastikverbote würden nichts bringen – vielmehr bestehe der Bedarf nach neuen, zukunftsfähigen Kunststoffen. Eine moderne Gesellschaft und die Umwelt brauchen zukunftsfähige Kunststoffe, da man aus der Natur nicht genügend Rohstoffe sicherstellen könne. Die Textilindustrie würde dies beweisen. EPEA Switzerland und Quality Austria werden hier in Zukunft stärker zusammenarbeiten, im Training und in der Auditierung der komplexen Lieferketten der Industrie.
Audi: mit einer Maßnahme 90.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart„Bis 2050 wollen wir unternehmensweit eine bilanzielle CO2-Neutralität erreichen“, kündigte Johanna Klewitz, zuständig für Nachhaltigkeit in der Lieferkette bei der Audi AG, an. Bereits im Jahr 2025 will der deutsche Premiumhersteller seinen CO2-Fußabdruck über den kompletten Lebenszyklus gegenüber dem Jahr 2015 stufenweise um rund 30 Prozent senken. Audi betrachtet den gesamten Produktlebensweg der Automobile, nicht nur die Emissionen während der Nutzung. Langfristiges Ziel ist die geschlossene Kreislaufwirtschaft. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Einbindung der Lieferanten. Am Standort Neckarsulm beispielsweise hat Audi bereits 2017 einen „Aluminium Closed Loop“ eingeführt, der im Jahr 2020 schrittweise auf weitere Werke ausgeweitet werden soll. Die Aluminiumblech-Verschnitte, die im Presswerk anfallen, gehen direkt an den Lieferanten zurück, der sie erneut verarbeitet. Die so hergestellten Alubleche verwendet der Autohersteller anschließend wieder in der Fertigung. Allein im Jahr 2018 hat Audi auf diese Weise bilanziell rund 90.000 Tonnen CO2 eingespart – 30 Prozent mehr als im Jahr zuvor.
Auch Batterien spielen bei Audi eine immer wichtigere Rolle: In mehreren Pilotprojekten untersucht Audi Einsatzmöglichkeiten für Batterien nach ihrem Einsatz im Automobil. Von seinen Batteriezellen-Lieferanten fordert Audi den Einsatz von Grünstrom in der Zellfertigung. Diese Anforderung ist ein fester und verbindlicher Bestandteil bei allen neuen Auftragsvergaben zur Belieferung mit HV-Batteriezellen. Vor der Auftragsvergabe müssen Lieferanten ein entsprechendes Grünstromkonzept vorlegen. Insgesamt hat Audi im vergangenen Jahr – in direkter Zusammenarbeit mit seinen Lieferanten – mehr als 50 konkrete Maßnahmen zur CO2-Reduktion definiert. „Die ersten Ergebnisse zeigen, dass insbesondere mit dem Schließen von Material-Kreisläufen, dem Einsatz von Grünstrom und der sukzessiven Erhöhung von Sekundärmaterial und Rezyklateinsatz konkrete Reduktionspotenziale bestehen“, erklärte Klewitz.
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