„Als eine Art Gegenreaktion zur Globalisierung entfachte in den letzten Jahren der Run auf die Regionen, die mehr und mehr versucht haben, sich in ihrer Originalität zu entfalten.“
Harry Gatterer, Zukunftsinstitut Wien
Es ist – in einen Modebegriff gefasst – der Lifestyle einer fremdländischen Gesellschaft, die Sitten und Kultur, der wohl Städtereisen zu dem machen, was sie sind: Ein Eintauchen in eine ungewohnte oder gar unbekannte Welt. Das Erlebnis Fremde. Und trotz Medien, Globalisierung und weltumspannender Verkehrsnetze bleibt der Besuch der pulsierenden Metropolen ein abwechslungsreiches Abenteuer: Moderne Städte leben, verändern sich ständig, definieren sich immer wieder von neuem.
Die Top-Metropolen
Welche Städte weltweit die aktuellen Magneten ausländischer Besucher sind, erfasst alljährlich das Kreditkartenunternehmen Master Card – und reiht die Metropolen nach deren Ankünften. Im Ranking 2016 ließ Bangkok alle hinter sich – mit 21.5 Millionen Besuchern, noch vor London (19,9 Mio.) und Paris (18 Mio.). Die größte Überraschung ist Dubai‘s Sprung im Top-Ranking mit 15.3 Millionen Besuchern, vor New York (12.8 Mio.), Singapur (12.1 Mio.), Kuala Lumpur (12 Mio.), Istanbul (11.9 Mio.), Tokyo (11.7 Mio.) und Platz 10 Seoul mit 10.2 Millionen Besuchern.
Doch auf der Überholspur lauern längst ganz andere, für unsere Breiten recht exotische Destinationen. Osaka etwa darf auf das stärkste Wachstum bei den internationalen Besuchern verweisen, um 24,2 Prozent sind die Gästezahlen in den letzten sieben Jahren gestiegen. Die Prognosen sehen weiters als Trenddestinationen (die wohlgemerkt natürlich auch berufliche Besuche inkludieren): Chengdu (20.1 Prozent), Abu Dhabi (19.8 Prozent), Colombo (19.6 Prozent), Tokyo (18.5 Prozent), Riyadh (16.5 Prozent), Taipei (14.5 Prozent), Xi’an (14.2 Prozent), Tehran (13 Prozent) und Xiamen (12,9 Prozent).
Viele Städte erleben zudem gerade eine entscheidende Phase der Veränderung, was die Sache noch spannender macht. Einige wachsen aktuell explosionsartig zu Megacities heran, wie das etwa in Laos oder Nigeria der Fall ist. In Indien oder China dagegen ist diese extreme Entwicklung nahezu abgeschlossen und die Städte wandeln sich aufgrund eines gewissen erreichten Wohlstandes hin zu lebenswerteren Orten. „Tourismus ist ein globales Phänomen. Als eine Art Gegenreaktion zur Globalisierung entfachte in den letzten Jahren der Run auf die Regionen, die mehr und mehr versucht haben, sich in ihrer Originalität zu entfalten“, erklärt dazu Trendforscher Harry Gatterer vom Zukunftsinstitut Wien.
Trends bei EU-Regionen
Von den 30 beliebtesten Tourismusregionen, gemessen in Übernachtungen, befanden sich im Jahr 2015 jeweils sechs in Spanien (Canarias, Cataluña, Illes Balears, Andalucía, Communidad Valenciana und Communidad de Madrid), Frankreich (Île-de-France, Provence-Alpes-Côte d’Azur, Rhône-Alpes, Languedoc-Roussillon, Aquitaine und Bretagne) und Italien (Veneto, Toscana, Lombardia, Emilia-Romagna, Lazio und Provincia autonoma di Bolzano/Bozen).
Darüber hinaus lagen vier der 30 beliebtesten Tourismusregionen der EU in Deutschland (Oberbayern, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein), jeweils zwei in Griechenland (Notio Aigaio und Kriti) und Österreich (Tirol und Salzburg) sowie jeweils eine in Irland (Southern and Eastern), Kroatien (Jadranska Hrvatska), den Niederlanden (Noord-Holland) und dem Vereinigten Königreich (Inner London).
Die ersten Städtereisen
Der Drang am Puls der Zeit das Unbekannte für sich zu entdecken hat lange Tradition. Bereits im frühen Mittelalter traten die ersten Pilgerfahrer die Reise in die religiösen Zentren an. Zu Beginn der Renaissance erlebte die Städtereise gar einen Höhepunkt: Auf der „Grand Tour“ sollten junge Adelige unterwegs den letzten Schiff ihrer abgeschlossenen Ausbildung erhalten. Die Bildungsreise war geboren. Und das Reisen in die Großstädte kam damit schwungvoll in Mode. Zugleich zogen bedeutende historische Ereignisse wie das Konzil von Trient oder der Wiener Kongress Scharen von Reisenden an.
Die Reise wird Mainstream
Und doch blieb eine Reise in die Ferne lange Zeit der begüterten Elite vorbehalten. Erst in den 1980er Jahren entwickelt sich durch breiten Wohlstand das regelrechte Massenphänomen Urlaubsreise: Seither wetteifern die Stadtdestinationen mit ihren Kontrahenten Meeresstrand und ländlicher Raum um den volkswirtschaftlich oft entscheidenden Faktor Tourist. 2016 waren laut Welttourismusorganisation UNWTO weltweit insgesamt 1,24 Milliarden Touristen unterwegs und ließen rund 1,2 Billionen Dollar in den jeweiligen Gastländern. Und der Reiseboom bleibt weiterhin ungebremst. Waren es 1995 noch 528 Millionen Urlauber, prognostiziert die UNWTO für 2030 enorme 1,8 Milliarden Touristen rund um den Erdball.
Als ausgewiesene Europa-Hotspots 2018 gelten neben den üblichen Verdächtigen besonders Mailand, Prag, Dublin, Edinburgh, Reykjavik, Florenz und Stockholm. Der Option-Redaktion hat es zudem in Barcelona, Berlin, Kopenhagen, Amsterdam, Lissabon und Paris besonders gut gefallen.
Top-10 Orte in Österreich im Sommer
nach Nächtigungen
Wien insgesamt – 1.477.739
Sankt Kanzian am Klopeiner See (Bild) – 498.541
Salzburg – 374.690
Podersdorf am See – 290.653
Bad Radkersburg – 289.731
Schladming – 273.557
Graz – 259.724
Bad Tatzmannsdorf – 251.803
Bad Hofgastein – 234.867
Innsbruck – 227.683Top-10 Orte in Österreich im Winter
nach Nächtigungen
Wien insgesamt – 1.345.926
Schladming (Bild) – 354.900
Salzburg – 328.932
Bad Hofgastein – 250.986
Bad Tatzmannsdorf – 245.127
Saalbach-Hinterglemm – 242.209
Graz – 238.530
Bad Waltersdorf – 234.994
Obertauern – 230.955
Bad Radkersburg – 228.384Nachhaltig Reisen
In einer Studie des WU-Institut für International Marketing Management sowie des Kompetenzzentrums für empirische Forschungsmethoden der WU wurde im Rahmen einer Online-Erhebung hinterfragt, inwiefern eine Nachhaltigkeits-Zertifizierung eines Reiseanbieters für KundInnen eine Rolle spielt. Als entscheidend erwies sich die generelle Werthaltung zum Thema Nachhaltigkeit. Einen weiteren wichtigen Aspekt stellt die soziale Erwünschtheit im persönlichen Umfeld der Kundin oder des Kunden dar: Wird im Freundeskreis oder in der Familie eine Zertifizierungen für Nachhaltigkeit als wichtig angesehen, entscheiden sich die Personen eher für zertifizierte Reiseanbieter. Außerdem legen KundInnen bei Gütesiegeln hohen Wert auf Glaubwürdigkeit und Transparenz. Dementsprechend werden Zertifizierungen mehr geschätzt als Gütesiegel, weil man mit ihnen längere, strukturierte und transparente Prozesse verbindet.
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Amsterdam und Barcelona zählen auch zu meinen Favoriten, auch wenn sie schon sehr überlaufen sind. Das Ranking von Sankt Kanzian am Klopeiner See finde ich doch recht überraschend. Ich hätte auf Hallstatt getippt…