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Torf gehört ins Moor, nicht in den Blumentopf

Sie haben Ihren Pflanzen heuer wieder Torf-Erde gegönnt? Hier die schlechte Nachricht: Den Pflanzen tut das zwar gut, dem Planeten leider gar nicht. Wieder etwas, worauf wir beim bewussten Konsum achten müssen. „Zwar wächst Torf nach, aber er zählt nicht zu den erneuerbaren oder nachhaltigen Grundstoffen. Was wir heute verbrauchen, steht kommenden Generationen nicht zu Verfügung“, lässt Dominik Linhard von der Umweltorganisation Global 2000 Garten- und Balkonfreunde aufschrecken. Und er zeigt das enorme Ausmaß auf, das die Torf-Nutzung überschattet: „Der Abbau von Torf ist für fünf bis zehn Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich!“ Trotzdem werden EU-weit 63 Millionen Kubikmeter Torf pro Jahr in Mooren abgebaut.

„Der Abbau von Torf ist für fünf bis zehn Prozent der gesamten globalen CO2-Emissionen verantwortlich!“

Dominik Linhard, Global 2000

Moor Torf Schrems
In Schrems (NÖ), nahe der Grenze, liegt eines der letzten Moor-Gebiete, das Ausflügler zum Wandern einlädt.

Schauplatzwechsel nach Schrems in Niederösterreich: Hier, nahe der Grenze, ist eines der letzten Moor-Gebiete, das Ausflügler zum Wandern einlädt. Es ist ein Fleckchen gegenüber der zehnmal so großen, ursprünglichen Fläche in Österreich, in ganz Europa sind bereits rund 60 Prozent der Moore trocken gelegt worden und so unwiederbringlich verschwunden.
Die Besonderheit dieses einzigartigen Ökosystems mit eigener Flora und Fauna steckt im Moos. „Es wächst und stirbt in unteren Bereichen gleichzeitig ab, verrottet aber nie ganz. Der Grund dafür ist die Feuchte und der Mangel an Sauerstoff im Gatsch. Über die Jahre werden die Reste zusammengepresst und so Torf gebildet. Bis sich ein Moor bildet, kann es Jahrtausende dauern“, erklärt Monika Hubik, Geschäftsführerin des UnterWasserReich in Schrems, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, über das Naturgut Moor zu informieren und die verbliebenen Gebiete zu bewahren. – Vor jenen umtriebigen Unternehmern, die den Gärtner das liefern, was sie wollen: den einzigartigen Grundstoff Torf. Eines ist nämlich Fakt: Es gibt keinerlei Substanz, die ähnlich positive Eigenschaften bietet. Torf speichert viel Wasser, hat einen geringen Nährstoffgehalt womit er ideal zur gezielten Aufbereitung ist und bietet zudem eine gleichbleibende Qualität. Folglich ist Torf bei Erden-Lieferanten wie Gärtnern gleichsam begehrt. Da erscheint es zusätzlich absurd, dass auch eine zweite Nutzung von Torf äußerst beliebt ist: Zur Energieerzeugung wird er vielerorts kurzerhand verbrannt.

„Die Moore, drei Prozent der Erdoberfläche, speichern ein Drittel des Kohlenstoffs – doppelt soviel wie alle Wälder zusammen.“

Dominik Linhard, Global 2000 über den CO2-Speicher Torf

Torf speichert CO2

„In Österreich stehen die Moore inzwischen großteils unter Naturschutz. Das Problem wird dadurch aber nur ins Ausland verlagert, etwa nach Deutschland, Estland oder Weißrußland“, erklärt Linhard. 163.000 Tonnen Torf werden alleine in die Alpenrepublik importiert, Tendenz steigend. 2010 waren es „nur“ 108.000 Tonnen Torf.
Die zügellose Trockenlegung der Moore zugunsten unserer Topfpflanzen ruiniert also weiterhin das Weltklima. „Torf-Moose bilden Kohlenstoffspeicher. Die Moore, drei Prozent der Erdoberfläche, speichern so ein Drittel des gesamten Kohlenstoffs (etwa 550 Mrd. Tonnen, Anmerkung d. Red.). Das ist doppelt soviel, wie alle Wälder zusammen binden. Beim Abbau der Moore wird schließlich CO2 freigesetzt.“

Gemeinsam mit dem Ökosystem Moor verschwinden auch viele Arten von Pflanzen. Rund 50 Prozent sind akut gefährdet. Zudem wirken Moore als Puffer bei Hochwasser, wirken Erosion entgegen und beeinflussen sogar regionale Kleinklimata. Linhard: „Wünschenswert wäre auf EU-Ebene den Ausstieg zu koordinieren.“ Gemeint: Torf sollte gänzlich aus den Blumenerde-Sackerln verschwinden.

bellaflora stellt um

Ein hehres Ziel, das sich nun auch die österreichische Gartencenter-Kette bellaflora gesetzt hat. Nachdem die Pestizide aus den Regalen verschwunden sind, ist nun die Erde bzw. Torf dran. „Die bislang größte Herausforderung“, kündigt Nachhaltigkeitsbeauftrage Isabella Hollerer den Ausstieg mit Vorbildwirkung an: „In herkömmlichen Erden sind aktuell bis zu 90 Prozent Torf. Da es keine vergleichbare Substanz gibt, ist es unsere Aufgabe eine neue Mischung zu finden. Das bedingt viel Forschung und Zusammenarbeit mit den Lieferanten.“ Statt Torf sollen Ersatzstoffe wie Kokos- oder Holzfaser, Getreidereste oder Kompost als Mix mit ähnlichen Eigenschaften zum Einsatz kommen.

Foto/Video: Shutterstock, Melzer.

Geschrieben von Helmut Melzer

Als langjähriger Journalist habe ich mir die Frage gestellt, was denn aus journalistischer Sicht tatsächlich Sinn machen würde. Meine Antwort darauf siehst Du hier: Option. Auf idealistische Weise Alternativen aufzeigen – für positive Entwicklungen unserer Gesellschaft.
www.option.news/ueber-option-faq/

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