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Nachhaltigkeit im Urlaub erleben

Nachhaltigkeit im Urlaub erleben

Nachhaltigkeit hat nichts mit Verzicht zu tun. Im Gegenteil: das Leben bewusst zu gestalten, macht Freude. Nachhaltigkeit im Urlaub erleben bedeutet wieder zurück zum Wesentlichen zu finden – am besten, Sie lassen sich von einem Rundum-Öko-Erlebnis inspirieren.

„Aber hoppala, das kenn ich doch“, wunderte sich Ulrike Retter vom gleichnamigen Biohotel immer wieder über ihre Hausfloristin Michaela. Schon des Öfteren stand die Hotelchefin vor einer neuen Deko im Haus und dachte sich: „Die Vase, die Schale, die hab ich doch schon mal gesehen. Wusste gar nicht mehr, wie hübsch die aussieht“. Das liegt daran, dass Michaela eine regelrechte Blumenkünstlerin ist – und daran, dass hier kaum etwas weggeworfen sondern im großen Lager verräumt wird. Hier stöbert Michaela gerne, kramt alte Dekostücke hervor und peppt sie mit frischen Materialien aus der Natur wieder auf. Das Ergebnis überrascht die Hauschefin regelmäßig und so kam Ulrike Retter auf die Idee mit dem Zero-Waste-Dekokurs: „Gäste sind eingeladen, ihre alten Lieblingsstücke mitzubringen und gemeinsam mit Michaela neu zu arrangieren.“

Nachhaltigkeit im Urlaub erleben

Einmal im Monat findet dieser Workshop statt. Er passt hervorragend zu einem Haus wie dem Retter, wo der schonende Umgang mit der Umwelt kein Lippenbekenntnis ist: Das Hotel im steirischen Naturpark Pöllauer Tal hat sich seit Jahren ganz und gar der Nachhaltigkeit im Urlaub verschrieben. Ressourcen werden geschont, indem man beispielsweise möglichst wenig Energie verbraucht, das Regenwasser sammelt oder seinen Bedarf an Lebensmitteln weitgehend lokal und auf jeden Fall in Bio deckt. Eben Nachhaltigkeit im Urlaub erleben. Hier zu wohnen ist alleine ein nachhaltiges Erlebnis, was von verschiedenen Seminaren noch gesteigert wird, Ulrike Retter: „Ein Renner ist unser Brotbackkurs. Wir verwenden ausschließlich Biogetreide aus unserer Region sowie Wasser und Mehl. Natursauerteig statt E-Nummern sozusagen. Unsere Gäste schätzen das Gefühl, die Hände in den Teig zu stecken, ganz nahe am Lebensmittel zu sein.“ Auch das Brot im Restaurant wird natürlich so gebacken.

Kreislaufwirtschaft erleben

Als drittes Highlight im Veranstaltungsangebot verweist Retter auf den Bokashi-Kurs. Das Wort Bokashi kommt aus dem Japanischen und bedeutet „fermentiertes organisches Material“: in einem großen eiförmigen Behältnis werden Speisereste und Grasschnitt geschichtet, mit EM geimpft und vier Wochen lang zu einem hochwertigen Dünger fermentiert. „Das geht viel rascher als auf dem Kompost und eignet sich auch für den Garten daheim. Damit lässt sich der Lebensmittelkreislauf schließen“, so die öko-engagierte Hotelchefin, die diese Technik auch selbst im Haus anwendet. Zum Retterschen Hotel gehört weiters eine bio zertifizierte Landwirtschaft, die direkt ans Areal anschließt. Hier wachsen vorwiegend Obst und Beeren, die zu Marmeladen, Destillaten und feinem Eis verarbeitet werden. Von diesem Biogut profitiert der Gast gleich mehrfach betreffend Nachhaltigkeit im Urlaub: zum Ersten werden die köstlichen Produkte im Restaurant kredenzt, zum Zweiten lässt sichs hier bei Führungen tief ins Thema Kreislaufwirtschaft eintauchen und zum Dritten spaziert man als Hotelgast wunderbar entspannend in den Streuobstwiesen, gerne darf dabei man reife Früchte naschen.

Intensiv aber anstrengend

Wenig Zeit zu faulenzen hat, wer seinen Urlaub bei WWOOF bucht. Das Kürzel steht für „We‘re Welcome on Organic Farms“ – was frei übersetzt bedeutet: Ärmel aufkrempeln. Stall ausmisten, den Berghang mit der Sense mähen, Kräuter in Sackerl füllen, Äpfel ernten, Unkraut jäten, Gemüse im Hofladen verkaufen, Zaun reparieren… Die Bandbreite an möglichen Urlaubserlebnissen ist riesig, wenngleich woofen freilich alles andere als Urlaub im klassischen Sinne ist: Man bucht seinen Aufenthalt beim Biobauern, statt Kost und Logis zu zahlen, packt man bei der Hofarbeit kräftig mit an. Wie viele Stunden am Tag und welche Arbeit, das macht man sich vorher im Detail direkt untereinander aus, der Kontakt wird über den Verein WWOOF geknüpft.

„Wir haben etwas mehr als 300 Höfe als Mitglieder. Die Bandbreite reicht dabei vom kleinen Selbstversorger über den traktorlosen Biohof und Grünspargelgärtner bis hin zum großen Gemüsebauern. Sie alle wirtschaften organisch“, erklärt Obfrau Martina Heuberger das Prinzip, „Wer als freiwilliger Helfer bei uns Mitglied wird, erhält Zugang zu den Beschreibungen und Kontaktdaten aller Höfe.“ Je nach Anbieter sind Aufenthalte ab einer Woche möglich Nachhaltigkeit im Urlaub zu erleben, mancherorts sogar nur übers Wochenende, Vorkenntnisse sind in der Regel keine notwendig. „Grundlegendes Interesse an der biologischen Landwirtschaft sowie die Offenheit gegenüber Menschen sind die wesentlichen Voraussetzungen, dass woofen gelingt“, weiß Heuberger, „Für die Dauer des Aufenthalts wird man zum Teil der Familie. Es ist ein wunderbares Erlebnis, mal aus dem eigenen Alltag zu verschwinden und in den Mikrokosmos einzutauchen, den so ein Hof darstellt.“

Sie spricht dabei aus eigener Erfahrung: „Ich bin selbst auf einem Hof aufgewachsen, beruflich aber andere Wege gegangen. Das woofen habe ich zufällig entdeckt und gleich beim ersten Mal war ich schwer begeistert. Ich war in einem kleinen Dorf in der Obersteiermark auf einem Ziegenhof, wo ich die vielen verschiedenen Handgriffe vom Melken bis zum fertigen Käse gelernt habe. Auch das Füttern der Tiere oder das Ausbessern der Zäune stand auf meinem Urlaubsprogramm. Seither habe ich oft gewooft und die Arbeit nie als beschwerlich empfunden – aber immer als äußerst bereichernd.“

Nachhaltigkeit im Urlaub erleben: Aktiv-Passiv-Kombination

Zurück zum Urlaub im eigentlichen Sinn. Im Kleinwalsertal liegt das Naturhotel Chesa Valisa, wo ökobewusste Menschen die perfekte Kombination aus Ferien und nachhaltigem Erlebnis finden. Das fängt schon beim seligen Nichtstun an, wenn man auf der Suche nach Entspannung durch den Garten streift und sich ganz dem Naturerlebnis aus blühenden Wiesen, duftenden Kräutern und Schatten spendenden Obstbäumen hingibt. Ein paar Wegestreifen durch die üppige Pracht sind gemäht, an den schönsten Platzerln Bankerl oder Liegen aufgestellt, die zum Rasten laden. Hier lauscht man den Stimmen der Vögel und der Insekten, im Hintergrund ist das Plätschern des Bacherls zu hören.

„Mein Bruder David und ich halten unsere Meetings am liebsten hier draußen ab“, schwärmt Magdalena Kessler, die das Hotel mit ihrem Bruder nun in 17. Generation führt, von der entspannten Kreativität in ihrem Garten, „Meist sitzen wir dabei neben der Kräuterspirale auf unserem Denkerbänkle.“ Im Haus selbst gelingt das mit dem zur Ruhe kommen ebenso gut, Kessler: „Wir verwenden nur absolut naturbelassenes Holz aus Schreinerhand, vorwiegend Weißtanne aus der Region. Da wurde noch nie etwas draufgepinselt und das tut der Raumluft gut.“ Auch setzt man auf Lehmwände statt Klimaanlagen. „Die gestampften Lehmwände kühlen an warmen Tagen und wärmen an kalten. Zudem sorgen sie für optimales Raumklima, indem sie die Feuchtigkeit regulieren. Das führt zu einem ruhigen, tiefen Schlaf.“

Highlight Workshops

Freilich lässt sich Nachhaltigkeit im Urlaub im Chesa Valisa auch ganz aktiv erleben. Abgesehen von der traumhaften Bergwelt ringsum, durch die es wunderbar wandern ist, bietet man im Haus verschiedene Workshops. die dem Interessierten Wissen und Können für daheim mitgeben. Jede Woche nimmt etwa Kräuterfee Marlene die Gäste an die Hand, um mit ihnen auf Exkursion zu gehen, wo Wildkräuter gesammelt und Heilkräuter bestimmt werden. Einmal im Monat geht sie dabei in einem Workshop ins Detail und zeigt unter dem Motto „Die Grüne Apotheke“, wie man Salben, Pastillen oder Öle mit Heilkraft herstellt. Ebenfalls im Wochenprogramm ist das Seminar von Andi Haller zum biodynamischen Gartenbau.

„Zunächst gibt’s eine Führung durch unsere Hochbeete. Hier gedeiht unser Gemüse, welches mit dem Humus aus unseren Bioabfällen gedüngt wird“, erklärt Hoteliere Magdalena Kessler, „Danach ist man beim Essen aufgefordert, mal ganz bewusst aufs Teller zu schauen. Anschließend erklärt Andi Haller, wie man das im Kleinen im eigenen Garten oder selbst in der Stadt am Balkon umsetzen kann.“ Tief entspannt, vollgepumpt mit frischer Energie und mit vielen neuen Ideen im Kopf fühlt man sich nach einer Woche hier wieder fit für den Alltag. Genauso wünscht man sich als ökologisch bewusster Mensch seinen Urlaub.

TIPPS zu Nachhaltigkeit im Urlaub erleben:

Das Bio-Natur-Resort Retter liegt eingebettet in den Naturpark Pöllauer Tal in der Oststeiermark, direkt umgeben von den Streuobstwiesen des familieneigenen Bio-Guts. Nachhaltigkeit im Urlaub wird hier auf allen Linien gelebt: das Haus wurde in Niedrigenergiebauweise errichtet, der trotzdem anfallende Energiebedarf wird mit Ökostrom und Hackschnitzelheizung gedeckt. Die Zimmer sind eingerichtet mit Naturmaterialien wie Holz, Wolle oder Schaffell, im Restaurant kommt ausschließlich Bio auf den Tisch, vorwiegend aus lokaler Produktion. Im Seminarkalender finden sich neben den oben erwähnten Workshops unter vielem anderen auch Kurse zum Seifensieden, Salben herstellen und zur Bienenhaltung.
www.retter.at

Das Naturhotel Chesa Valisa in Vorarlberg wird seinem Namenszusatz gerecht: 100 Prozent Bio und regionale Produkte dominieren die Küche, die Zimmer sind von Lehmwänden umgeben und ausgestattet mit naturbelassenem Holz. In mehreren Um- und Anbauphasen hat man das 500 Jahre alte gestrickte Holzhaus auf den neuesten ökologischen Stand gebracht und dabei gleichzeitig einen architektonischen Hingucker geschaffen. Geheizt wird mit Fernwärme, die mit Hackschnitzeln der umliegenden Bauern gefüttert wird. Das solarbeheizte Außenpool ist mit eigenem Quellwasser befüllt, gereinigt mit ionisierten Salzen. Ein Schwerpunkt im Seminarangebot liegt auf Yoga. www.naturhotel.at

Man kann in einem Kurs lernen, wie Butter hergestellt wird – oder aber man geht bei einem Bauern in die Lehre. Gegen freie Kost und Logis bieten alleine in Österreich mehr als 300 organisch bewirtschaftete Höfe die Möglichkeit zur Mitarbeit an. Den Kontakt findet man über den Verein WWOOF, den es auch international gibt. So kann man seine nachhaltige Auszeit auch mit einer richtig großen Reise verbinden. www.wwoof.at, www.wwoof.net

Die Schweizer Organisation OceanCare hat sich ganz dem Schutz der Meere verschrieben, seit 2011 ist man UN-Sonderberaterin für Meeresfragen. OceanCare kooperiert weltweit mit führenden Wissenschaftlern in Schutzprojekten und bringt Forschungsresultate in alle wichtigen internationalen Gremien ein. Auf Sizilien, den Balearen und in Griechenland haben Laien die Möglichkeit, an Forschungsreisen teilzunehmen. www.oceancare.org

Bäume pflanzen in Neuseeland, an einer Ökolodge mitbauen in Kolumbien oder Englisch unterrichten in Indonesien: über 200 nachhaltige und gemeinnützige Projekte in mehr als 80 Ländern werden über die Plattform Volunteerworld mit freiwilligen Mitarbeitern versorgt. Diese arbeiten unentgeltlich und tragen auch die Kosten ihres Aufenthalts – und unterstützen so die Projekte gleich doppelt. Solche Freiwilligenaufenthalte gibt es bereits ab einer Woche zu buchen. www.volunteerworld.com

Weitere Infos zum nachhaltigen Reisen hier.

Foto/Video: Shutterstock.

Geschrieben von Anita Ericson

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