Gibt es die ideale Verpackung? Verpackungen schützen Produkte und Konsumgüter. Kartonboxen, Glasflaschen, Plastiktuben und Co. halten ihren Inhalt frisch, machen den Transport sicher und erleichtern dessen Aufbewahrung. Damit leistet Verpackung zum Beispiel einen wesentlichen Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung. Allerdings landet Verpackung meist früher als später im Müll – und viel zu oft in der Natur. Wir alle kennen Bilder von plastikverschmutzten Gewässern und Stränden, von Kaffeebechern am Straßenrand, Getränkedosen im Wald oder Einwegtüten, die der Wind in eine Baumkrone geweht hat. Neben dieser offensichtlichen Umweltverschmutzung landet durch unsachgemäß entsorgte Verpackung aus Kunststoff auch Mikroplastik in Gewässern und wird schließlich von Tier und Mensch aufgenommen.
2015 wurden 40 Prozent der in Deutschland produzierten Kunststoffe zum Zweck der Verpackung hergestellt. Zwar zeigen Unverpackt-Läden und etliche Selbstversuche von Ambitionierten, dass eine deutliche Reduzierung des Konsums von verpackten Produkten sehr wohl möglich ist, allerdings noch lange nicht in jedem Bereich und ohne großen Aufwand. Keine Verpackung ist also auch nicht immer die ideale Verpackung.
Der Teufel steckt im Detail
Ein gutes Beispiel ist die Produktkategorie Kosmetik. Auf den ersten Blick scheinen hier ideale Verpackungen aus Glas in Verbindung mit Abfüllstationen vielversprechend. Einige Drogeriemärkte bieten so ein Modell bereits an. Doch: „Wer mit Abfüllstationen arbeitet, muss die Stationen und Gläser unbedingt laufend hygienisch rein halten und die Kosmetika konservieren. Um das zu gewährleisten, müssen chemische Mittel eingesetzt werden. Das mag für konventionelle Kosmetik kein Problem sein. Wer aber konsequente Naturkosmetik verwenden will und damit garantiert auf Mikroplastik und chemische Inhaltstoffe verzichtet, wird das Modell der Abfüllstationen nicht nützen können“, erklärt CULUMNATURA-Geschäftsführer Willi Luger.
Irrtum Bio-Kunststoff
Ein großer Irrtum der Gegenwart ist, dass sogenannte „Bio-Kunststoffe“ die Problematik lösen können. Diese „biobased Polymers“ bestehen zwar aus pflanzlichen Rohstoffen, die zum Beispiel aus Mais oder Zuckerrüben gewonnen werden, allerdings müssen auch sie mit Temperaturen von mehr als hundert Grad verbrannt werden. Dafür ist wiederum Energieaufwand nötig. Dass Sackerl aus Bio-Kunststoff einfach spurlos verrotten wie Herbstlaub, wäre schön, ist jedoch nicht so. Landen sie an falscher Stelle, verschmutzen also auch die Bio-Verpackungen den Lebensraum zahlreicher Tiere, landen in deren Mägen oder wickeln sich um ihren Hals. Für den Anbau der pflanzlichen Rohstoffe muss außerdem Regenwald weichen, was das Ökosystem weiter unter Druck setzt und die Artenvielfalt gefährdet. Damit sind also auch Alternativen aus sogenanntem „Bio-Kunststoff“ keine ideale Verpackung.
„Wir machen uns sehr viele Gedanken rund um das Thema ideale Verpackung und werden immer die verträglichste Variante wählen. Die ideale Lösung haben wir noch nicht gefunden“, sagt Luger. „Wir tun, was möglich ist. Unsere Einkaufstaschen sind zum Beispiel aus Graspapier. Das Schnittgras aus Deutschland wächst ressourceneffizient und bei der Herstellung des Papiers wird im Vergleich zu herkömmlichem Papier aus Holzfasern, Wasser gespart. Die Tuben für unser Haargel benötigen weniger Kunststoff, weil sie extra dünn sind und als Füllmaterial im Versand verwenden wir geschredderten Altkarton. Außerdem wendet die Druckerei Gugler, die seit Jahren unsere Verpackungen bedruckt, besonders umweltschonende Druckverfahren an“, ergänzt der Naturkosmetikpionier.
Weniger Verpackung ist mehr
Die Produktion von Glas wiederum ist grundsätzlich mit einem sehr hohen Energieaufwand verbunden und sein schweres Gewicht macht den Transport zum Klimakiller. Gerade hier gilt: Je länger das Material in Verwendung ist, desto besser fällt dessen Ökobilanz aus. Re-Use, Up- und Recycling verkleinern den ökologischen Fußabdruck nicht nur von Glas, sondern von jedem Material. Von Papier über Aluminium bis zu Plastik sind die Rohstoffe und Ressourcen besser genützt, je länger sie effizient verwert- und verwendbar bleiben.
Laut Statistik der Altstoff Recycling Austria (ARA) werden in Österreich rund 34 Prozent der Kunststoffe recycelt. Gemäß der europäischen Strategie für Kunststoffe sollen bis 2030 alle auf den Markt gebrachten Kunststoffverpackungen wiederverwendbar oder recycelbar sein. Realistisch ist das nur, wenn Produkte und Verpackungen dementsprechend konzipiert werden und schon im Designprozess das spätere Recycling eine entscheidende Rolle spielt. So kann zum Beispiel durch den Einsatz von möglichst wenigen verschiedenen Materialien die Wiederverwendung erleichtert werden, da die Mülltrennung nicht so aufwendig ist.
Auch die Verbraucher und Konsumentinnen müssen ihren Beitrag leisten. Denn solange Glasflaschen oder Aludosen achtlos in den Restmüll geworfen werden und das Campinggeschirr am Flussufer zurückbleibt, können auch Desig und Produktion die Umweltverschmutzung nicht stoppen. Luger: „Wir können uns beim Kauf für oder gegen umweltfreundliche Verpackungen und Produkte entscheiden. Und jeder Einzelne ist für die sachgemäße Entsorgung seiner Abfälle verantwortlich. Dafür muss schon in der Erziehung das Bewusstsein geschärft werden.“
Last but not least ist Reduktion ein Gebot der Stunde für eine ideale Verpackung. Im Jahr 2018 verbrauchte laut Statista jeder Bundesbürger in Deutschland im Durchschnitt rund 227,5 Kilogramm Verpackungsmaterial. Seit 1995 steigt der Verbrauch stetig. Auch hier ist die Produktentwicklung einerseits gefordert, möglichst ressourcenschonend zu entwerfen, und Konsument*innen andererseits, indem sie ihren Lebensstil überdenken und ihren Verbrauch reduzieren. Das fängt damit an, Tuben bis auf den letzten Rest von Haargel oder Zahncreme zu verwenden, Gläser für Marmelade oder als Kerzenhalter wiederzuverwenden und hört nicht erst mit dem Verzicht auf die x-te Online-Bestellung auf.
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